Die Lettrétage im Februar

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Nicht nur multilingual, multimedial und musikalisch, sondern obendrein kriminell – das ist der Februar in der Lettrétage. Mehrsprachig wird es gleich am 1. Februar mit einem Abend zur schwedischen Gegenwartsliteratur: BÜCHER VON HIPSTERN, HIPPIES UND HEDONISTEN? Unabhängig davon, wie die Antwort auf diese Frage ausfällt: Hedonistisch Gesinnte kommen auf jeden Fall auf ihre Kosten. Neben einem Foodtruck mit Köttbullar gibt es für Genussmenschen drei literarische Kostproben. Agnes Lidbeck, Ulf Karl Olov Nilsson und Tone Schunnesson stellen erstmals auf Deutsch zugängliche Texte vor, die Teil einer Sonderausgabe der Zeitschrift „die horen“ sind. Was diese Ausgabe will und was die Gegenwartsliteratur aus Schweden zu bieten hat, erläutert der Übersetzer Paul Berf, einer der Herausgeber, vorab im Interview.

„Nicht zu wissen, was einen erwartet, mache den Charme der Poetic Hafla aus: überraschend und ein bisschen chaotisch“, gab die taz einen der Macher der Partyperfomance-Reihe in deren Anfangstagen wieder. Bei 8¾# POETIC HAFLA am 3. Februar wird die Frage, wie sich das Programm – „recording artists, spoken word performers, dancers and actors“ – zusammensetzt, weiterhin für Verblüffung sorgen. Aber diesmal sei ausnahmsweise ein ’sneak peek‘ erlaubt: Mary Katharine Tramontana hat auf Instagram angekündigt, „about the excruciating interior landscape of my sexual longing“ zu lesen.

Wie der Supermarktriese Kaufland und die Deutsche Bahn mal zusammen um ihr Image fürchteten – so könnte der inoffizielle Untertitel der Veranstaltung am 9. Februar lauten. Für den Unmut der Konzerne, darüber berichtete die SZ, sorgten Peter Kees‘ ARKADISCHE BOTSCHAFTEN IM ÖFFENTLICHEN RAUM, die 12 internationale Künstlerinnen und Künstler auf seine Einladung hin im vergangenen Herbst entworfen haben. Kees wird an diesem Abend sowohl diese Plakataktion vorstellen als auch ein weiteres seiner Projekte, das Verkehrsschilder in ein Medium der künstlerischen Auseinandersetzung mit aktuellen Gesellschaftsthemen verwandelt.

Über die Frage, was eine Gesellschaft bewegt, gibt wohl kaum eine Textsorte beredter Auskunft als die Gerichtsreportage. „Es ist“, so die Gerichtsreporterin Raquel Erdtmann im Interview, „der Blick hinter die Fassade, in unsere eigenen Abgründe, in das, was uns ausmacht, die stellvertretend für uns vor Gericht behandelt werden. Denn was einen Menschen ausmacht, zeigt sich, wenn er in Extremsituationen kommt.“ DIE SCHÖNSTEN VERBRECHEN am 10. Februar widmen sich zwei Klassikern des Genres aus den 20er Jahren: Gabriele Tergit und Paul Schlesinger, genannt Sling. Raquel Erdtmann und Klaus Ungerer lesen aus deren Texten, begleitet von Masataka Koduka und seinem Kontrabass.

Statt einem tête-à-tête im Kerzenschein bietet Soul and the City am Valentinstag ein mehrköpfiges Line-up unter Spotlights: BABYLON – THE EVENT OF MANY TONGUES AND CULTURES fährt am 14. Februar künstlerische Beiträge aus mindestens elf Nationen auf, in so unterschiedlichen Kategorien wie Rap Poetry, Story Poetry, Music, Spoken Word, Storytelling, Comedy, Dance, Visual Arts, Surprise Acts.

LEINWAND OHNE GESICHT heißt der neue Roman von Doris Wiesenbach, den sie am 16. Februar vorstellen wird. Im Zentrum steht Lea, Insassin einer Berliner Privatklinik, die sich auf die Therapie von Gedächtnisverlust spezialisiert hat. Über ihr Leben weiß Lea nur das, was ihr Ehemann Golo erzählt. Erst durch die Aufnahme eines anderen Patienten ändert sich der Behandlungsalltag. Golo drängt plötzlich auf eine Entlassung. Doch draußen, so der Klappentext, wird Lea mit einer Leinwand konfrontiert, die Stück für Stück ein Bild enthüllt, das sie zu zerreißen droht. Der Kirschbuch Verlag, in dem der Roman erscheint, sieht sich übrigens laut Eigendarstellung in einer Pionierrolle, weil er bei Publikationsprozessen auf Künstliche Intelligenz setzt.

KLEINE FORMEN, GROSSE GEFÜHLE beschreibt als Formel kurz und bündig, was die von Sarah Berger und Johannes Finke im Herzstückverlag herausgegebene REIHE EINS anstrebt: auf knappem Raum die Suche nach der eigenen Existenz, dem eigenen Körper, der eigenen Geschichte zum Ausdruck zu bringen. Am 24. Februar lesen Eden Woldu und Alexander Graeff aus ihren Texten.

Von den großen Gefühlen geht es nahtlos über zum Bescheidensein, denn der 26. Februar dreht sich um den Begriff HUMBLE und nimmt ihn aus verschiedenen Blickwinkeln unter die Lupe. Was bedeutet es, bescheiden zu sein, zu denken oder zu leben? Ist es gut oder schlecht? Warum sollten wir uns nicht aufspielen? Brueder Selke (CEEYS), Brandon Kilbourne, Benjamin Jefferys, Hussina Raja und Tecla werden sowohl eigene als auch wohlbekannte Stücke, die ‚humble‘ zum Thema haben, lesen, vorspielen oder tanzen.

Credits:

Raquel Erdtmann&Klaus Ungerer (c) Klaus Ungerer; Plakat aus dem Projekt „Arkadische Botschaften im öffentlichen Raum“ (c) privat; Veranstaltungsbild „Humble“ (c) Gurmeeth Singh; Doris Wiesenbach (c) Doris Wiesenbach; Agnes Lidbeck (c) Elvira Glänte; Tone Schunnesson (c) Märta Thisner; Ulf Karl Olov Nilsson (c) Annika von Hauswolff; Veranstaltungsbild „Babylon“ (c) Soul and the City; Veranstaltungsbild „Poetic Hafla“ (c) privat.