#lettetalks: Von der Seitenbühne – Interview mit Patricia Stövesand und Malin Kraus vom ruhelos.kollektiv

(c) Sebastian Wells

Im Jahr 2022 gründeten Malin Kraus und Patricia Stövesand das ruhelos.kollektiv. Sie lernten sich am Theater kennen, wo beide arbeiten und sich für eine bibliodiversere Kulturlandschaft einsetzen. 2024 veranstalten die beiden in der Lettrétage die vierteilige Reihe „Von der Seitenbühne – Sprechen über (Um-) Brüche im Literatur- und Theaterbetrieb“, die mit verschiedenen Gäst:innen entlang der Themen Queerness, psychische Erkrankungen, Care- und Kunstarbeit und Popkultur die nötigen Bedingungen und die Möglichkeiten eines bibliodiverseren Literatur- und Theaterbetriebs exploriert.

Die erste Veranstaltung zum Thema „Queerness“ findet am 19. Februar um 20 Uhr statt. Zu Gast werden lynn t musiol, freie:r Künstler:in und Autor:in mit dem Fokus auf Klima, Klasse und Queerness, und Tobias Schiller, Buchblogger (@tobiborns), Moderator und Initiator des Queerer Kanon-Newsletters, sein. Zum Auftakt haben wir mit den Kuratorinnen und Moderatorinnen der Reihe, Malin Kraus und Patricia Stövesand, gesprochen, um mehr über das Projekt, die Motivation dahinter und die Gäst:innen zu erfahren.

1. Im Jahr 2022 habt ihr das ruhelos.kollektiv gegründet, mit dem Ziel eine bibliodiversere Kulturlandschaft zu kreieren. Was hat Euch zur Gründung des Kollektivs bewegt? Gab es ein bestimmtes Schlüsselereignis?

Wir sind uns zum ersten Mal im Rahmen einer Arbeit am Schauspielhaus Hamburg begegnet. Schon in unseren ersten Gesprächen haben wir uns gefragt, wie das Arbeiten im Kulturbetrieb aussieht und wie es sein müsste, um Autor:innen, Übersetz:innen und Programme unabhängiger Verlage zu Sichtbarkeit zu verhelfen, die sich bisher nicht in den Spielplänen deutschsprachiger Theatern finden lassen. Das sind Texte und Fragen, die uns ruhelos zurücklassen – und so kamen wir zur Gründung des Kollektivs. 

2. Am 19. Februar startet Eure vierteilige Veranstaltungsreihe „Von der Seitenbühne – Sprechen über (Um-)Brüche im Literatur- und Theaterbetrieb“. Wie wählt Ihr Eure Gäst:innen aus und was erwartet das Publikum?

Wir haben uns im Vorfeld grobe Themenbereiche überlegt, die mit dem Überthema der Umbrüche im engen Verhältnis stehen und gleichzeitig thematisch selten auf Bühnen repräsentiert werden. Dazu haben wir viel recherchiert und, neben unserer eigenen Arbeit in diesem Bereich, nach Menschen gesucht, die uns dahingehend inspirieren. Das Publikum erwartet deshalb ein breit gefächertes Programm, das mit dem Sprechen über Care-Arbeit, psychische Erkrankungen, Popkultur und Queerness im Literatur- und Theaterbetrieb das abbildet, was auch uns im Kollektiv bewegt. 

3. Ihr wollt eine Schnittstelle zwischen Theater- und Literaturbetrieb schaffen. Warum ist diese Schnittstelle so wichtig und wie können wir uns die Umsetzung dessen vorstellen?

In der Schnittstelle zwischen Literatur und Theater liegt das große Potenzial, dass beide Betriebe stark voneinander profitieren können, wenn sie sich miteinander verbünden. Wir haben beobachtet, dass es bisher strukturelle Diskrepanzen in der Abbildung und Verknüpfung beider Diskurse gibt und, dass für den Literaturbetrieb relevante Stoffe und Personen noch nicht ausreichend auf der Bühne repräsentiert werden. Im Sprechen über diese Beobachtungen möchten wir die Relevanz der Schnittstelle aber deutlich machen und uns für eine bibliodiverse Kulturlandschaft in Deutschland einsetzen. 

Wir haben diese Schnittstelle bildlich mit der „Seitenbühne“, einem Bereich neben der Bühne im Theater, benannt, um nicht nur den Ort, sondern auch die kulturpolitischen Dimensionen unserer Arbeit zu betonen. Wir wollen aufzeigen, wer an den künstlerischen Arbeiten beider Betriebe beteiligt ist und uns gleichzeitig damit auseinandersetzen, welche Verantwortung wir als Kulturschaffende haben. Das Ziel der Reihe ist damit die Schnittstelle zwischen Literatur und Theater auszubauen und uns in diesem Bestreben zu verbünden. 

4. Gemeinsam mit acht Gäst:innen bringt ihr Themen wie Queerness, psychische Erkrankungen, die (Un-)Vereinbarkeit von Care-und Kunstarbeit und Popkultur auf die Lettrétage-Bühne. Warum ist es Euch
wichtig, in diesem Rahmen darüber zu sprechen?

Wir haben mit der Veranstaltungsreihe ein umfangreiches Programm aufgestellt, das in Teilen unsere Lebensrealitäten und die zahlreicher Kolleg:innen abbildet und über die im öffentlichen Diskurs zunehmend, aber noch nicht ausreichend gesprochen und diskutiert wird. Dazu gehören prekäre Arbeitsbedingungen genauso wie asymmetrische Machtstrukturen, die missbraucht werden. Unter dem Überbegriff der Umbrüche lassen sich all diese Aspekte lesen und darüber möchten wir mit unseren Gäst:innen ins Gespräch kommen. Dazu lässt sich hervorragend das Ensemblenetzwerk zitieren mit ihrer Kampagne #youarenotalone.