Die Lettrétage im Juli

Während sich andere schon längst am See oder gar am Meer die Sonne auf die Bäuche scheinen lassen, springen wir mit voller Kraft voraus ins Juli-Programm. Der Mehringdamm 61 hält sich überraschend kühl und als optimale Lesungsbegleitung empfehlen wir ein frisches Getränk von der Bar.

Foto: Mirko Lux

Los geht’s am 3. Juli mit Literature! And the Political? und der spannenden Frage: Wie viel politisches Potential steckt in der Literatur? Darüber unterhalten sich Clementine Ewokolo Burnley, Dirk Laucke und Daniela Seel, die die Beziehung zwischen Literatur und Politik auf ihre verschiedenen Möglichkeiten hin besprechen. Nicht zum ersten Mal dürfen wir die Friedrich Schlegel Graduiertenschule in der Lettrétage begrüßen. Die Diskussionsrunde findet im Rahmen der Summer School „The Politics of Literature – Literature and Politics“ und in Kooperation mit dem Cluster of Excellence 2020 „Temporal Communities“ statt.

Am 4. Juli geht dann Oliver Jütting den Sprache(n) des Romans bei uns nach. Genauer gesagt beschäftigt er sich mit Rainer Maria Rilkes einzigem und thematisch erstaunlich aktuell gebliebenem Roman „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ und Kurt Laßwitz‘ Sci-Fi-Roman „Auf zwei Planeten“ – beide Werke sind um die Jahrhundertwende entstanden. Den Bogen seiner Untersuchungen spannt er dabei von der Schöpfungsgeschichte bis zur Dekonstruktion und setzt sich etwa auch mit Aliensprache auseinander.

Das Trio unterm Pfirsichbaum mit Sandra Burkhardt, Alexander Graeff und Felix Schiller ist am 5. Juli in der Lettrétage zu Gast. Uns erwartet ein vielseitiger Abend, an dem die Autor*innen aus ihren lyrischen Werken lesen: Spielerisch aber philosophisch sind Sandra Burckhardts Gedichte aus dem Band „Wer A sagt“, Alexander Graeffs „Die Reduktion der Pfirsichsaucen im köstlichen Ereignishorizont“ unterstreicht dessen poetisch-kulinarische Seite und mit „Tolle Tools“ stellt Felix Schiller Körperutopien und Ideen von Menschmaschinen auf. Eine interessante Annäherung an Sandra Burckhardts Zykus finden Sie hier beim Signaturen Magazin. Alexander Graeffs Buch wurde u.a. auf Queer.de besprochen: „Alexander Graeffs Gedichtband […] ist konzentriert-eingekocht, teils sinnlich-saftig, erotisch gezuckert und intellektuell verdickt.“ Wir sind gespannt!

Danach weht ein Hauch von sommerlicher Melancholie in der Lettrétage ein: Passend zur Jahreszeit stellt Holger Brüns am 12. Juli sein neues Buch „Vierzehn Tage“ vor. Die Sommernovelle ist dieses Jahr beim Verbrecher Verlag erschienen und handelt vom monotonen Leben eines Berliner Mittvierzigers, der durch einen Kurzurlaub am Land plötzlich vergangene Träume wiederentdeckt und von Jugenderinnerungen eingeholt wird. Eine spannende Rezension dazu finden Sie hier. Rezensent Frank Keil schreibt: „‚Vierzehn Tage‘ ist nicht zuletzt auch eine Hymne an den Urlaub in der Stadt, ein Bekenntnis an Berlin, an das alte Berlin, das eigensinnige Berlin, das langsame Berlin, in dem es im Sommer so klar nach Staub riecht, wenn die Hitze zwischen den Häusern nicht weichen will, weil wohin sollte sie ziehen.“ Passt doch bestens zum Termin!

Am 15. Juli freuen wir uns, den Flötisten Reison Kuroda für ein Shakuhachi-Konzert bei uns begrüßen zu dürfen. Die Musik der traditionellen japanischen Bambusflöte wird an diesem Abend gepaart mit elektronisch-experimentellen Klängen von Soundkünstler Tomomi Adachi. Neben alten Stücken spielen die Musiker auch Neues und sorgen dabei für dynamische und impulsive Interpretationen der Shakuhachi-Musik. Wir spitzen schon mal unsere Ohren.

Danach sind Karl Kelschebach und Madeleine Kneissig unsere Gäste, die bei Regenbögen über Madagaskar das Thema Homosexualität auf Madagaskar zur Sprache bringen. Am Vorabend des Berliner Christopher Street Day sprechen die beiden über schwule Lebensrealitäten auf der konservativ-religiösen Insel im Indischen Ozean. Texte aus „Mémoires d’un jeune gay dérangé“ des aufbegehrenden Autors Von, gelesen auf französisch und deutsch, geben weitere Einblicke, die im Anschluss bei einer Gesprächsrunde diskutiert werden können. Ein Abend der Klaus-Mann-Initiative, die ebenfalls häufiger schon Abende in der Lettrétage ausgerichtet hat.

Am Tag darauf endet die Gemäldeausstellung „Fu-Ryu – Natur und Dichtung“ von Héctor Navarrete mit einer besonderen Finissage-Performance: Die Butoh-Tänzerin Yuko Kaseki wird Navarretes Werke mit „Bewegungen in Haiku“ begleiten. Wie auch schon der 15. Juli ist dieser Termin Teil des Festivals „Shapes of Haiku„. Einen kleinen Eindruck von Yuko Kasekis Choreographien kann man sich hier verschaffen.

Bevor wir dann in die Sommerpause schreiten, haben wir am 30. Juli noch die Ehre, Berit Glanz‘ Buchpremiere zu ihrem ersten Roman „Pixeltänzer“ zu hosten. Ein digitales Rätsel um die geheimnisvolle Toboggan-Maske führt die Protagonistin des Romans in das Hamburg der 1920er Jahre – die Tiefen des Netzes werden zur Schnittstelle zwischen fremder Vergangenheit und persönlicher Gegenwart. Mehr über Berit Glanz und ihr neuestes Werk kann man schon mal auf der Website vom Verlag Schöffling & Co erfahren, wo das Buch demnächst erscheint. Am besten aber ihr kommt einfach zur Lesung!

Von Sommerloch ist bei uns also noch keine Rede und wir würden uns freuen, auch im Juli viele Literaturbegeisterte in die Lettrétage locken zu können. Ob im Urlaub, zu Hause, auf der Arbeit oder bei Lesungen: Wir wünschen euch eine schöne Zeit!