Zitat der Woche

Rihard Jakopič „Križanke pozimi“

dezember

Über dem Schmutz der Stadt
liegt eine dünne Schicht aus Eis.
Ljubljana als Torte mit Marzipan-
Überzug. Wenn du ein paar Straßen abgehst
noch bevor es dunkel wird und die Stadt sich leert
kannst du sehen, wie die Leute sanft aneinanderstoßen.
Schnee fällt auf sie wie in der Kugel
mit den Figürchen. Wenn du sie schüttelst
stoßen die Figürchen aneinander und über ihnen kreisen
weiße Punkte. Wenn es rundum still ist hörst du
den Feiertagsgesang und einen sanften Klang.
Heute bin ich müde. Ich gleite über das dünne
Eis und passe auf dass ich nicht anstoße.
Ich murmle mir heilige Nacht zu weil es schon dunkel ist.
In der Tasche habe ich Marzipan. Jedesmal wenn jemand
sanft an mich stößt beiße ich etwas ab.
Nur damit der Schnee den ich mit den Fingern fange
warm wird. Nur damit ich durchhalte.

Ana Pepelnik: DECEMBER, via lyrikline. Übersetzung von Ann Catrin Apstein-Müller.

Zitat der Woche

Louisa and Arpiar Aslanian

Die Frage nach dem Widerspruch zwischen „Orient“ und „Okzident“ ist ein Problem, dem sich Lass in ihrem Roman widmet, ein Problem, das viele Menschen bis heute beschäftigt und Fragen aufwirft, die heute noch aktuell sind. Sind „Orient“ und „Okzident“ wirklich so verschieden und warum fühlen wir uns manchmal dem einen oder anderen hingezogen und sind hin- und hergerissen?

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Zitat der Woche

Copyright: Paulo Gaiad. „Berlin, project for construction“

Einmal gingen sie abends aus, Friedrichshain rauf und runter. Sie hatten ein neues Spiel erfunden, Fragen fragen. Abwechselnd. Möglichst unangenehme. Das war ganz gut. Irgendwo zwischen Partyspiel und Psychogespräch. Da konnte er mal Dinge auf den Tisch bringen. Warum hast du nicht einfach einen deiner vorigen Liebhaber behalten? Wenn du mich jeden Tag anrufst, warum tust du das? Findest du mich eigentlich langweilig?

Sie beendeten das Spiel in irgendeiner Kneipe in einer Seitenstraße. Er fragte: Gibt es eine Chance, dass ich in zwanzig Jahren noch in deinem Leben bin?

Er hielt das für eine einfache Nummer. Chance, das kann man ja immer sagen. Das gebietet ja die Logik, dass es eine Chance gibt, wie klein auch immer.

Nuna lachte. So wie ich bin? Sagte sie nur. Da hatte er seine Antwort. Nuna sah ihn an mit ihren freundlichen braunen Augen.

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Zitat der Woche

Copyright: dierk schaefer

Theater ohne Eintrittsgeld. So bezeichnet der Schriftsteller Friedrich Holländer 1928 die Prozesse im Kriminalgericht Moabit. Und gleich das erste „Theaterstück“ hier ist ein Ereignis: Am 1. Dezember 1906 wird das Urteil gegen den Schuhmacher Wilhelm Voigt gesprochen: 4 Jahre Haft für den „Hauptmann von Köpenick“. Mögen all die Gebäude der Berliner Justiz von außen die Kaiserzeit spiegeln: Hinter der Fassade erzählen sie dann doch wieder von der aufregenden Welt nach 1918. Berlin kann einfach nicht anders!

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Zitat der Woche

Ich blieb einfach ein Zwölfjähriger. Ein Kind, kein Mann. Und es fiel mir selbst erst gar nicht auf. Doch irgendwann, als der Abstand größer geworden war, kam immer öfter der Gedanke auf: „Die merken wirklich nicht, dass ich eigentlich zwölf bin!“ Die Illusion des Verharrens, die mich selbst notdürftig schützte, geschah im Grunde, auch wenn Gedanken Berge versetzen können, nur in meinem Innern, nicht körperlich. Aber sie half. Sie half mir, mich selbst nicht als Mann sehen zu müssen. Und der Werwolf half dabei, dass ich damit nicht aufhörte.

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Die Lettrétage im November

Eine Mischung aus vertrauten und neuen Gesichtern prägt den November in der Lettrétage. Obwohl die Veranstaltungsreihen gegenüber den Einzelveranstaltungen rein mengenmäßig die Nase vorn haben, reichen sich die Formate bei einem Thema auch die Hände. Wir sind auf jeden Fall von Kopf bis Fuß gespannt, was die freie Literaturszene in diesem Monat alles auf die Beine stellen wird.

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„Anspruchsvoll, wagemutig und trippy“ – Interview mit René Koch vom Kopf & Kragen Literaturverlag

Am 30. Oktober steigt in der Lettrétage SALON 1 – Literatur & Kunst, Kritik & Visionen, der – wie der Titel schon erahnen lässt – Auftakt zu einer Reihe von Literatur- und Kultursalons, die der Kopf & Kragen Literaturverlag auszurichten plant. Hinter dieser Berliner Neugründung verbirgt sich nicht nur ein unabhängiger Verlag, sondern auch ein Kollektiv. Seit Herbst 2021 steht der Name für Gegenwartsliteratur und weitere Kunstformen. Ziel ist es, anderen Stimmen und Themen als den bislang zu hörenden eine Möglichkeit zur Entfaltung zu geben – in der Überzeugung, dass Sprache die Macht hat, die Welt zu verändern. Wir hatten Gelegenheit, René Koch, dem Inhaber, ein paar Fragen zum Selbstverständnis und zu den Ansprüchen des Verlags zu stellen. Dafür möchten wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken!

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