Die Lettrétage im November

Eine Mischung aus vertrauten und neuen Gesichtern prägt den November in der Lettrétage. Obwohl die Veranstaltungsreihen gegenüber den Einzelveranstaltungen rein mengenmäßig die Nase vorn haben, reichen sich die Formate bei einem Thema auch die Hände. Wir sind auf jeden Fall von Kopf bis Fuß gespannt, was die freie Literaturszene in diesem Monat alles auf die Beine stellen wird.

Zum Auftakt am 3. November gibt es NEUES AUS DEM KIEZ: Agnes Domkes neuer Roman ELEFANTENLIEBE bringt das Theater- und Zirkusmilieu mit einer Berliner Gartenkolonie zusammen, während Christine Pfammatters Kürzestgeschichten DIE BESTE ALLER MÖGLICHEN WELTEN Gegenwartsfragmente vereinen und scheinbar simple Momente in ein neues Licht rücken. Die beiden Autorinnen werden von Liedermacher Marc Ottiker begleitet, der ihre Texte mit eigener Song-Poesie ergänzt.

Am nächsten Tag geht es direkt weiter mit Andreas Baum und Klaus Ungerer, die zuletzt mit ihrer Berliner Novellenreihe EDITION SHELF von sich reden gemacht haben und sich bewusst absetzen von dem „Zeug, das sich gut verkaufen lässt“. Am 4. November kommen die beiden mit DIE BUNTE KUH – TEXTE UND KÜSSE in die Lettrétage, und bringen zwei brandneue eigene Werke mit, die inhaltlich vom Hessen der Achtzigerjahre und dem „Kalten Krieg in den Köpfen“ bis hin zum Onlinedating und Beziehungen als unmögliche Experimente reichen.

Natürlich dürfen auch Soul and the City mit Soar Marongiu nicht fehlen, die am 6. November ihre LOVE, SWEAT AND LAUGHTER Reihe mit der Winter Edition weiterführen. Ob wir uns nun schon auf den Winter eingestellt haben oder nicht, für diese vielfältige Eventreihe, die verschiedene Kunstformen vereint und internationale Künstler*innen zusammenbringt, sind wir immer zu haben. Die Hoffnung, die bei Soul and the City oft im Vordergrund steht, nehmen wir gerne mit in den Berliner Winter.

Am 9. November lädt die Autorin Sophia Alt zu einer neuen Perspektive auf das letzte Jahr der DDR ein und stellt ihre Erzählung DAS LAND HINTER DER MAUER vor. Im Rahmen ihrer Recherche sprach sie mit Zeitzeug*innen, um eine respektvolle Erinnerungskultur zu fördern und zu fragen, wie die DDR die Geschichte dieses Landes und seiner Menschen nachhaltig geprägt hat und wie trotz historischer Differenzen gegenseitiges Verständnis möglich sein kann. Moderiert wird WO WAREN SIE, ALS DIE MAUER FIEL? von Patrick Wentorp.

In der Woche darauf kommen am 15. November KOOKread mit IN KÜRZE, IN GESCHICHTEN in die Lettrétage. Kurz gesagt, geht es um Kurzgeschichten und Mikrofiction und deren oftmals eher nebensächliche Relevanz in der deutschsprachigen (Gegenwarts-)Literatur. Mit dabei die Frage: Wie können gerade kürzeste Textformen Schlaglichter auf Tendenzen der Gegenwart werfen? Darüber sprechen Puneh Ansari, Martin Lechner und Das Paradies, moderiert von der Literaturwissenschaftlerin Maren Jäger.

Ein weiterer fester Bestandteil unseres Programms ist die Diskussionsreihe LET’S TALK ABOUT CLASS, die sich in ihrer 15. Auflage am 16. November mit KREATIVER ARBEIT & KOLLEKTIVEM WIDERSTAND beschäftigt und herausfinden will, wie selbstgeschaffene kollektive Strukturen und Kämpfe künstlerische Freiräume für mehrfach marginalisierte Künstler*innen ermöglichen und Ungleichheitsverhältnissen entgegenwirken können. Auch inwieweit kollektives Arbeiten eine Milieu-Frage ist und wie es eigentlich um die Entlohnung von Queer Labor steht, werden die Moderator*innen Charlotte Milsch und Biba Nass mit Illustrator*in Sri Hartini Santo, der Musikerin Achan Malonda und Autor*in Irina Nekrasov/a diskutieren. Die Gäste bringen Erfahrungen aus ihrer Arbeit in kollektiven Zusammenhängen mit ein.

Wir machen keine Pause, sondern tauchen am 17. November bei THE READING PRESENTS: CALLA HENKEL direkt in Calla Henkels Berlin ein, denn die US-Amerikanische Autorin, Dramatikerin, und Regisseurin liest aus ihrem Debütroman OTHER PEOPLE’S CLOTHES und steht Rebecca Rukeyser dazu Rede und Antwort. Der Text handelt vom Winter in Berlin und — in den Worten der Hauptstadt Mutti — davon, wie es ist, „sich extrem uncool [zu] fühlen, dazugehören zu wollen, die eigene Narrative bestimmen zu wollen“.

In der zweiten Monatshälfte können wir uns über eine Premiere im vertrauten Rahmen freuen: Die BERLINER SALONAGE mit Isobel Markus ergänzt ihre Frauenart-Reihe um die erstmal einmalige Sonderausgabe MÄNNERART – ALTE UND NEUE MÄNNERBILDER am 18. November. Geplant ist ein Salonabend mit Lesung, Kunst und Musik, der sich mit dem Männerbild — modern und traditionell — beschäftigt und fragt, wie sich dieses gesellschaftlich verändert hat, was eigentlich toxische Männlichkeit ist und ob es in diesem Rahmen ein modernes Ideal überhaupt gibt. Zu Gast sind diesen Monat Klaus Ungerer und Andreas Baum sowie Michael Wäser, Björn Kuhligk, Daniel Boente und Gregor Easy & KO aka Kanye Ost der Berliner Hip Hop/Trap–Crew OSTBERLIN ANDROGYN, die den Abend mit einer Rap-Performance abrunden.

Am 24. November heißen wir das Kollektiv DIE WIESE bei uns willkommen, eine mehrsprachige Schreibwerkstatt, die sich auf das Übersetzen, Besprechen und Weiterschreiben von Literatur und Poesie fokussiert und diesen Monat mit DIE UNSICHTBARE STADT 6 – مدينة غير مرئية in die Lettrétage kommt. Hierbei steht die unsichtbare schreibende, singende und musizierenden Schicht Berlins im Mittelpunkt, die an diesem Abend von drei ihrer schreibenden Bewohner*innen repräsentiert wird: Dzekashu MacViban, Sandra Burkhardt, Galal Alahmadi. Sie stellen auf der Wiese übersetzte Texte vor, die Entfremdung und fehlende Zugehörigkeit thematisieren. Die Veranstaltung findet auf Arabisch, Englisch und Deutsch statt.

Den Schlusspunkt setzt LET’S TALK ABOUT CLASS am 30. November mit einer Diskussion über KLASSE RECHTS AUßEN – KLASSIERUNG VON RECHTER GEWALT IM OSTEN. Die Veranstaltung greift die Thematik rechter Gewalt im Osten und das Vorurteil des ostdeutschen Nazis auf und wirft einen genaueren Blick auf das damit einhergehende Zusammenspiel rechter Gewalt mit Klassismus im öffentlichen Diskurs. Sie fragt auch, welche Abwehrmechanismen hierbei im (medialen) Umgang mit Rassismus und rechter Gewalt zum Tragen kommen und welche Folgen das hat. Darüber diskutieren die Moderatorinnen Paula Fürstenberg und Katharina Warda mit dem Historiker Patrice Poutrus, der Journalistin Heike Kleffner und der Schriftstellerin Manja Präkels