Zitat der Woche

„Weißt du, was ich auf keinen Fall darf?“, fragte er, als wir allein waren. Er ging zur Zimmertür und drehte den Schlüssel herum. „Bei uns haben Mama und Papa schon alle Schlüssel abgezogen.“

„Und jetzt schließen wir wieder auf?“

„Warum denn?“

Es dauerte eine Viertelstunde, bis die anderen unser Fehlen bemerkten. In dieser Viertelstunde hörten wir immer wieder Schritte im Flur, und jedes Mal legte mein Neffe den Zeigefinger über die Lippen. Als die Klinke schließlich heruntergedrückt wurde, strahlten seine Augen vor Glück. Aus Nepomuks Regal suchte er das Drachenbuch heraus.

„Liest du mir vor?“, flüsterte er.

Jemand rief nach meinem Neffen, jemand rüttelte an der Tür. Die Rufe und das Rütteln wurden lauter, und mein Neffe sah mich unsicher an. Ich begann leise zu lesen.

Katharina Bendixen: Die leeren Wochen des Sommers (aus „Mein weißer Fuchs“, poetenladen, 2019, via)