Zitat der Woche

Die Wahrheit ist, dass ich ein moderner Hippie bin, aber ich
habe versucht, ein Angestellter zu sein. Ich wollte meine Eltern
stolz machen, weil ich weiß, dass sie sich wünschen, ich würde
den prekären Hustle, den sie mir vorgelebt haben, nicht wieder-
holen. Aber ich wiederhole beides: das Prekariat und den Hustle.
Und währenddessen fühle ich in mir die Enttäuschung und die
Entbehrungen, die sie für mich und meine Geschwister auf sich
genommen haben, damit wir es ihnen nicht nachmachen. Es ist
nicht leicht für sie, mitanzusehen, wie ihre Ängste und Unzu-
länglichkeiten in mir wiederkehren. Ich widersetze mich nicht
absichtlich ihren Wünschen, aber ich kann mich nicht der Kon-
formität und dem Nutzdenken beugen, ohne allmählich auszu-
brennen und lebenlänglich zombiehaft dahinzusiechen. Ich will
Mystik und Existenzialismus.
Und gleichzeitig lebte ich in Miami, umgeben von Dekadenz
und Neonlichtern, ohne Geldsorgen und Fremdaufträge, damit
ich meine auratische Phänomenologie weiterbetreiben konnte –
auf der Suche nach dem, der ich wirklich war, knietief in Erschei-
nungen wartend, die aus einem ureigenen, verborgenen Antrieb
wirken; die uns umgeben, während wir im andauernden Koma
meinen, von überhaupt nichts umgeben zu sein.

Auszug aus „Flexen in Miami“

von Joshua Groß