»Babi Jar«, antwortete Hans. »Das ist die berühmte Schlucht Babi
Jar. Ein riesiger Krater, wie ein ausgetrockneter tiefer Fluss. Babi Jar
heißt Weiberschlucht.« Hans lachte und steuerte die Maschine den
Flusslauf entlang. »Da unten, Friedel, guck genau hin, dann kannst
du noch die Spuren deutscher Heldentaten erkennen.« Er ließ das
Flugzeug langsam auf tausend Meter fallen. Gottfried konnte den-
noch nur weißen Kalk und Schiefersteine entdecken.
»Als die Heldentat geschah, lag unser Friedel in Heiligenbeil im
Lazarett. Es war im letzten September, ich glaube, am 29.«
Walter nickte zustimmend.
Schulter, »mit dem Sonderkommando 4 ganze Arbeit geleistet. Sie
trieben dreißigtausend von diesen jüdischen Bolschewisten nackend
in die Schlucht. Anschließend haben sie alle abgeknallt. Alle! Die
schlummern nun unter dem weißen Sand. Nackt und übereinander-
gestapelt. Weiß glänzen ihre Leiber!« Er lachte.
Jürgen Meier: Wöbkenbrot und Pinselstrich, Mirabilis Verlag, 2021.
Am 12. April liest Jürgen Meier bei Wöbkenbrot und Pinselstrich aus seinem gleichnamigen Roman.