Hier
hier eine Stelle Linie Grenze hier ein Riss ein Punkt
hier was vergangen ist und was noch kommt
was verschwiegen ist und was gesprochen
Auszug aus Anja Golob: Die Zunge wird Stein. Anweisungen zum Atmen. (Edition Korrespondenzen 2018)
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hier eine Stelle Linie Grenze hier ein Riss ein Punkt
hier was vergangen ist und was noch kommt
was verschwiegen ist und was gesprochen
Auszug aus Anja Golob: Die Zunge wird Stein. Anweisungen zum Atmen. (Edition Korrespondenzen 2018)
Am 10. Oktober liest Anja Golob in der Lettrétage aus ihrem neuen Gedichtband. Hier ist bereits ein Auszug aus „Anleitungen zum Atmen“, das bei der Edition Korrespondenzen erscheinen wird.
MEERGEDICHT
na tvoje usne boje mesa spustiću kap svoje vode EKV: Oči boje meda
Wir stehen auf ohne Uhren. Ohne Kleider. Ohne Plan.
- Gekämmte Jungfischschwärme teilen sich, fast freundlich, unmerklich,/und tauchen ab unter meinem nackten Körper, der kaum Sonne kennt, kaum Salz./Die Fische stört es nicht, sie sind schmiegsam, schwimmen gelenkig, atmen sanft.
Der gleiche Frosch platscht abends geschäftig zum Mauervorsprung, fällt um.
- Ein einsamer Wasserläufer durchfurcht die stille Oberfläche. Nach ihm bleibt/ Geruch von Erdöl, ein Surren wie Zahnbohrer, kaum ein/ Grübchen im Meer./ Flach fegt er ins Wasser, hinter ihm zieht der Abend die Gardinen des Tages zu.
Ich finde einen schläfrigen Skorpion im Buch, perplex geplättet.
- Leise zischt nachts das Meer, gewohnt geschmiegt in die Gruben des Ufers./ Unaufdringlich, so wie Ebbe Flut gebiert, ersteigt der Mond die Lüfte./ Langsam sprießt in den Zitronenbäumen der Wind, versilbert den Spiegel.
Es ist Sommer. Wir haben keine andere Arbeit außer zu sein. Das genügt.
Aus dem Slowenischen von Urška P. Černe & Uljana Wolf.