Programmarchiv

Seit 2006 finden in der Lettrétage ca. 120 öffentliche Literaturveranstaltungen jährlich statt – Lesungen, Workshops, Diskussionsrunden, literarische Performances und Formate dazwischen. Bekannte und unbekannte Autor*innen und Künstler*innen verschiedener Sprachen und Nationalitäten sind hier schon aufgetreten.

Seit 2013 liegt der Programmfokus u.a. auf neuen Wegen der literarischen Präsentation und Live-Produktion: Dazu zählen u.a. die internationalen bzw. transnationalen Literaturfestivals „Soundout!“, „¿Comment!“, „Berlinisi“ und „Syn_Energy“, aber auch das viel beachtete Netzwerkprojekt „CROWD“ und multimediale Projekte wie die Reihe „CON_TEXT“ oder das „Poetry Audio Lab“. Eine vollständige Liste der Lettrétage-Projekte finden Sie hier.

Als Ankerinstitution für die freie Literaturszene Berlins stellt die Lettrétage außerdem ihre Räume für Literaturveranstaltungen aller Art zur Verfügung. Zahlreiche freie Veranstalter*innen nutzen unsere Infrastruktur regelmäßig – für Literatur-Workshops, Lesereihen in verschiedenen Sprachen und Buchpräsentationen. Mehr zu den Möglichkeiten der kostenlosen Raumnutzung erfahren Sie hier.

Auf dieser Seite präsentieren wir einen nicht vollständigen Einblick in unser vergangenes Programm.


Veranstaltungen

Termin Informationen:

  • Do
    20
    Jun
    2019

    Unter der durchschnittlichen Haut

    20:00Eintritt 3€

    Lesung mit André Hansen, Marc Lunghuß, Anna Ospelt und Lea Wintterlin. Moderation: Matthias Weglage

    © Anna Ospelt

    Vier junge Erzähler*innen, vier Romanprojekte.

    Unter der Haut der durchschnittlichen Dinge verbirgt sich oft erst der wahre Kern, das Unbewusste, das Verdrängte, die verschwiegene Vergangenheit oder die unentdeckte Zukunft. Vier Autor*innen stellen ihre neuen Erzählprojekte vor.  Sie waren Teilnehmer*innen der Autorenwerkstatt Prosa 2018 des LCB.

     

    Anna Ospelt: Wurzelstudien
    Eine junge Autorin entdeckt im Garten der Eltern, dass der Vorbesitzer des Grundstücks ein Verleger, Henry Goverts, war. Sie beginnt seine Biographie zu entziffern, reist den Orten hinterher, wo er gelebt und gewirkt hat. „Ich stelle meine Füße auf Henry Goverts Wurzeln. Auf seiner Rinde liegen Wolken. Ich beobachte sein Schattenspiel auf meinem Notizbuch. (Lichtpunktmethode.)“ Anna Ospelts Wurzelstudien sind Protokolle des Sich-Suchens, Sich-Verwandelns, Sich-Verlierens. Das erzählende Ich bestaunt in einer zarten, bildkräftigen Sprache Stammbäume, betreibt botanische Studien, experimentiert und entdeckt im Baum den Bruder des verdeckten Ichs.

    Anna Ospelt, geboren 1987, lebt neuerdings in Vaduz. Seit 2010 Veröffentlichungen von Kurzprosa, journalistischen Texten und Lyrik in diversen Literatur- und Kulturzeitschriften wie Mosaik, Narr, Lyrik von Jetzt3, Die Horen. 2015 erschien ihr Portraitband "Sammelglück" im Bucher Verlag. Sie botanisiert seit 2017.

     

    André Hansen: Per
    Der 21jährige Sven Berger kehrt zum Birnenfest nach Kattlitz zurück, seinem Heimatort in Brandenburg. Längst hatte er einen Schlusstrich unter sein Leben in der Provinz gezogen, jetzt wo er in Berlin lebt und sich mit Gelegenheitsjobs durchschlagen muss. „Es war noch nicht so lange her, dass ich zusammengezuckt war, wenn einer den Namen aussprach, als wäre nichts dabei.“ In Kattlitz ist jedoch alles anders, er findet seinen Vater Per tot auf und muss sich mit seiner Vergangenheit neu auseinandersetzen. Hortense, die exzentrische Besitzerin des Landguts Kattlitz, die als Zugezogene Aggressionen ausgesetzt ist, veranstaltet eine Schwulenhochzeit. Beim Wildschweinessen, bei dem das ganze Dorf versammelt ist, branden die Emotionen auf. Ein sensible Momentaufnahme der Stimmen und Mentalitäten eines ostdeutschen Orts, in dem der Protagonist zum Spiegel seiner Umgebung wird.

    André Hansen, geboren in Rostock, lebt als Autor und Übersetzer in Berlin. Er studierte Komparatistik und Romanistik in Mainz, Dijon und Bologna. Zu seinen literarischen Übersetzungen zählen unter anderem Garrard Conleys Boy Erased (Secession, 2018) und Mahir Guvens Zwei Brüder (Aufbau, 2019).

     

    Marc Lunghuß: Als ich an Wölfe dachte
    Marc Lunghuß schreibt Erzählungen, in denen er Realitäten neu ausbuchstabiert. Stets schwingt die Ahnung mit, eine zweite, ganz andere Erklärung für das Geschehen wäre möglich. Oder eine dritte. Und oft liegt das Reale im nebensächlichen Detail. Unter der durchschnittlichen Haut der Figuren lauert etwas, das mit jedem Satz auszubrechen droht, sich aber besser als Phantasma, jenseits eigener Erfahrungshorizonte äußert, wie in jener Geschichte „Als ich an Wölfe dachte“, wo eine mysteriöse Party auf dem Hof eines Freundes in ein düsteres Opferfest umzukippen droht, oder der Geschichte von dem Mann, der seiner Mutter beim Renovieren des Hauses hilft, die längst tot ist. Trudelnd im Nirgendwo sucht Lunghuß literarisch den Aufprall, den vermissten Boden unter den Füßen. Immer näher kommt er dem, was Erzählungen sein können: krasse Leerstellen und kühne Ausbruchsversuche aus der scheinbar verständlichen Welt.

    Marc Lunghuß, geboren 1974, lebt in Berlin. Studium der Philosophie und Germanistik in Heidelberg und Berlin. Regieassistent am Schauspielhaus Bochum. Seit 2005 freischaffender Theaterregisseur, Inszenierungen z.B. in Stuttgart, Frankfurt a.M., Leipzig, Bochum. Veröffentlichungen von Kurzprosa und Erzählungen in Literaturzeitschriften.

     

    Lea Wintterlin: Goldangst
    Angst als Unterströmung jeglicher Ordnung, ausgelöst durch Gegebenheiten, die natürlich scheinen: die Sexualität, der Körper, die Liebe. Davon handeln diese verknappten Erzählungen. In „Der Bulle“ beispielsweise erzählt Lea Wintterlin eine Geschichte aus der Sicht eines zwölfjährigen Knaben, der die Realität mit staunenden, stammelnden Augen wahrnimmt. Der Deckbulle war zur Attraktion im Dorf geworden. Der Bulle ist riesig und wirkt gefährlich. Doch so alltäglich wie die Ereignisse erscheinen, enthalten sie Unklares. Gewalt schwebt in der Luft, die Angst, dass jeden Moment etwas Unerwartetes eintreten kann. War der Tod der Frau des Krämers nicht ungeklärt? Warum läuft der Besitzer des Bullen mit einer verstümmelten Hand herum? Seine Tochter lockt Emils verborgene Sexualität hervor. Dem Deckbullen droht die Merzung, weil er nicht die Erwartungen erfüllt. Der Junge schwankt in seiner unruhigen Gefühlswelt zwischen Faszination, Mitleid und Angst.

    Lea Wintterlin, geboren 1988 in Berlin, lebt dort. Studium der Philosophie in Tübingen und Berlin. Wintterlin arbeitete ein Jahr als Storylinerin fürs Privatfernsehen. Sie war Finalistin beim 24. Open Mike.

     


Workshops & Infoabende

Termin Informationen:

  • Do
    11
    Apr
    2019

    Haiku und Bild - Lasst uns Haiku schreiben!

    16:00Eintritt frei

    Workshop für Kinder und Jugendliche zum Welt-Kinder-Haiku-Wettbewerb

    Vor langer, langer Zeit in einem fernen Land sprang ein Frosch vor den Augen eines alten Mannes platschend in einen Teich hinein. Daraufhin schrieb der Mann das Haiku-Gedicht: „Furu ike ya / Kawazu tobikomu / Mizu no oto [zu Deutsch: Der alte Teich. / Ein Frosch springt hinein / das Geräusch des Wassers]“. Der Mann war Basho, der heute als Haiku-Meister weltweit bekannt ist.

    Was ist das Haiku überhaupt? Bevor man sich mit dem Haiku beschäftigt, muss man zunächst fleißig Japanisch lernen? Nein!

    Heute kann man nicht nur auf Japanisch sondern auch auf Deutsch Haiku schreiben. Egal mit welcher Sprache, man muss sein feines Zartgefühl zum Ausdruck bringen. Wie schafft man dies? Der japanische Haiku-Dichter Kensuke Kashiwakura und die Berliner Haiku-Dichterin Petra Klingl zeigen hierzu einen „Trick“. Beide bringen allen Teilnehmer*innen die ersten Schritte zur Haiku-Dichtung bei.

    Mit einem selbst geschriebenen Haiku kann man sich beim Welt-Haiku-Kinder-Wettbewerb bewerben. Einzureichen ist ein gemaltes Bild, in dem ein Haiku steht. Eine weitere Möglichkeit, um ein solches Haiku-Werk mit Bild fertig zu stellen, ist am 15.04 um 16 Uhr.

    Dieser Workshop findet im Rahmen von „Shapes of Haiku“. Festival für Literatur, Kunst und Musik im Bergmannkiez statt, gefördert von Hauptstadtkulturfonds und der JaDe-Stiftung. www.shapesofhaiku.triorin.com

    Eine öffentliche Lesung zu den einzelnen Workshops findet am 13. April um 20:00 bei uns in der Lettrétage statt. Link zur Veranstaltung hier.

    Künstler*innen:

    © Privat

    Kensuke Kashiwakura ist 1980 in Tochigi geboren und gilt als wichtiger Vertreter der Nachwuchsgeneration der Haiku-Szene in Japan. Seit 2014 ist er Mitglied im Taka-Haiku-Verein, einem der größten Haiku-Vereine Japans. Kashiwakura erhielt seine Ausbildung von den Haiku-Dichtern wie Maya Okuzaka sowie Keisyu Ogawa, die in der zeitgenössischen Haiku Szene eine bedeutende Rolle spielen. Neben seiner Arbeit als Redakteur im Ikubundo-Verlag beschreibt er seine alltäglichen Erlebnisse in Haiku-Form. Seine zeitnahen Momentaufnahmen vom Leben im modernen Japan werden hochgeschätzt. 2016 erhielt er den Taka-Nachwuchspreis. 2017 wurde sein Haiku-Zyklus Oyogouka [Lass uns schwimmen] für den Kadokawa-Haiku-Preis nominiert. Heute ist er als aktiver Taka-Haiku-Dichter etabliert und seine Haiku Dichtungen wurden zahlreich rezensiert. Seit 2016 ist er Mitglied der japanischen Haiku-Dichter-Gesellschaft.

     

    © Privat

    Petra Klingl, Dichterin, wurde 1957 in Suhl im Thüringer Wald geboren. Mit 17 Jahren schrieb sie ihre ersten Gedichte, die sie während ihres Studiums der Landwirtschaft in Berlin vertiefte. Erst im Jahre 2010 erschien ihr erster Gedichtband: „Wenn der Mond Auto fährt“ entstand. Im gleichen Jahr entdeckte sie die japanische Gedichtform „Haiku“ und verliebte sich sofort. Sie trat in die Deutsche Haiku-Gesellschaft ein und ist mittlerweile im Vorstand tätig. 2016 veröffentlichte sie ihre erste Haiku-Sammlung sowie aktuell eine Broschüre „Haiku schreiben“ mit Hinweisen zum Schreiben.