„Als literarischer Übersetzer muss man eigentlich lebenslang versuchen, die Veränderungen in der schwedischen Sprache aufzusaugen“ – Interview mit Paul Berf

(c) Susanne Fern

Schwedenkrimis sind hierzulande die Köttbullar der Literatur. Die einen wie anderen dominieren die Vorstellung davon, was in dem skandinavischen Königreich gelesen und gegessen wird. So weit das Klischee. Dank der Unterstützung der Schwedischen Botschaft in Berlin und des Swedish Literature Exchange/Swedish Art Council in Stockholm bietet sich am 1. Februar in der Lettrétage die Möglichkeit, das eigene Schwedenbild zu erweitern. Unter dem Titel BÜCHER VON HIPSTERN, HIPPIES UND HEDONISTEN? werden an diesem Abend Agnes Lidbeck, Ulf Karl Olov Nilsson und Tone Schunnesson den Facettenreichtum der schwedischen Gegenwartsliteratur vor Augen führen. Dass das deutsche Publikum die drei kennen lernen kann, geht zu einem maßgeblichen Teil auf das Konto des Übersetzers Paul Berf, der ebenfalls mit von der Partie sein wird. Er hat uns freundlicherweise schon vorab Rede und Antwort gestanden.

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Zitat der Woche


Rückwärts ging er in die Wohnung zurück. Die Frauen am Himmel ließ er nicht aus den Augen. Früher als erwartet entwichen selbst Nachzüglerinnen. Die Balkontür stand offen. Das Geländer war leicht zu überwinden. Er bräuchte nur etwas Anlauf zu nehmen. Dieses Land, sagte Anton, ist ein sehr schönes Land.

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Zitat der Woche


Hellgrüne Spitzen ragen
über die Dächer meiner Straße.
Das Haus gegenüber verdeckt den Stamm des Baums,
in den äußersten Fortsätzen der Peripherie
vollzieht sich die Verwandlung.
Im Haus wohnt der junge Schauspieler
aus „Als wir träumten“,
steht mit nackter Brust auf dem Balkon,
die Familie aus Irak: die Frau raucht,
putzt die Wand, das Mädchen hängt Wäsche auf.
Im Parterre vier Bauarbeiter aus Bulgarien auf Plastikstühlen,

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Die Lettrétage im Januar

(c) Mirko Lux

Im neuen Jahr nimmt das Lettrétage-Programm eine Woche Anlauf, um am 11. Januar zunächst in einer Nische zu landen – oder vielleicht sogar „in den Nischen der Nischen“. Dort fühlt sich laut Selbstbeschreibung die Berliner etcetera press heimisch. Zusammen mit dem Black Ink Verlag wird sie neue Lyrik vorstellen, namentlich von Titus Meyer, Karla Reimert Montasser, Erec Schumacher und Nikolai Vogel. SURVIVAL IN NISCHEN schließt dabei auch die Frage danach ein, was es bedeutet, einen Verlag zu gründen und am Leben zu halten, und wie es ist, Schreiben und Familie unter einen Hut zu bekommen. Und es geht poetisch weiter: Am 15. Januar, treffen sich, angestiftet von der parasitenpresse, die Kölner und Berliner Literaturszene zu einem PARASITÄREN VERLAGSABEND, an dem Veronique Homann, Jelena Jeremejewa, Adrian Kasnitz, Daniel Ketteler, Jonas Linnebank und Matthias Nawrat aus ihren jüngst erschienenen Texten lesen werden.

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Zitat der Woche


raureif – dann raube ich ergeben noch etwas licht

einbußen verflimmern in gehäusen gedrehter worte

o lass uns lauffeuer entzünden, verwundete sein

oft überlebt das helle im dunklen, verwandelt bruch-

stücke in selbstbilder, deckt sich ein mit vorzeichen

die richtlinienblätter sind; das zu erwartende korn

gezeichnet wie insignien im schlickigen tintenpilzlicht

essbar, da mundraub als mammutaufgabe jetzt währt

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Zitat der Woche

Rihard Jakopič „Križanke pozimi“

dezember

Über dem Schmutz der Stadt
liegt eine dünne Schicht aus Eis.
Ljubljana als Torte mit Marzipan-
Überzug. Wenn du ein paar Straßen abgehst
noch bevor es dunkel wird und die Stadt sich leert
kannst du sehen, wie die Leute sanft aneinanderstoßen.
Schnee fällt auf sie wie in der Kugel
mit den Figürchen. Wenn du sie schüttelst
stoßen die Figürchen aneinander und über ihnen kreisen
weiße Punkte. Wenn es rundum still ist hörst du
den Feiertagsgesang und einen sanften Klang.
Heute bin ich müde. Ich gleite über das dünne
Eis und passe auf dass ich nicht anstoße.
Ich murmle mir heilige Nacht zu weil es schon dunkel ist.
In der Tasche habe ich Marzipan. Jedesmal wenn jemand
sanft an mich stößt beiße ich etwas ab.
Nur damit der Schnee den ich mit den Fingern fange
warm wird. Nur damit ich durchhalte.

Ana Pepelnik: DECEMBER, via lyrikline. Übersetzung von Ann Catrin Apstein-Müller.

Jahresrückblick 2022

„Gewaltig endet so das Jahr/ Mit goldnem Wein und Frucht der Gärten“, hätten wir – wie es sich in einem Literaturhaus gehört – vielleicht mit einem toten Dichter sagen können, ginge es allein um den Wein. Der wird von uns, und das nicht nur in einer Farbe, bei Veranstaltungen in der Veteranenstraße ausgeschenkt. Wir fliegen erst am Ende aus dem Vers, nachdem die Büros der Lettrétage in der Methfesselstraße seit Anfang des Jahres Geschichte sind – und damit auch die Quittenernte im dortigen Garten. Denn im Januar 2022 sind unsere Büros nach Schöneberg umgezogen, das in unseren Augen seinem Namen alle Ehre und den Abschiedsschmerz vergessen macht. Was von der Kreuzberger Villa neben vielen Erinnerungen und einer Hommage bleibt? Unter anderem dieses, mutmaßlich letzte Bild: ein einsamer Hund im verwaisten Salon und draußen tiefer Schnee.

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Zitat der Woche

Louisa and Arpiar Aslanian

Die Frage nach dem Widerspruch zwischen „Orient“ und „Okzident“ ist ein Problem, dem sich Lass in ihrem Roman widmet, ein Problem, das viele Menschen bis heute beschäftigt und Fragen aufwirft, die heute noch aktuell sind. Sind „Orient“ und „Okzident“ wirklich so verschieden und warum fühlen wir uns manchmal dem einen oder anderen hingezogen und sind hin- und hergerissen?

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Zitat der Woche

Copyright: Paulo Gaiad. „Berlin, project for construction“

Einmal gingen sie abends aus, Friedrichshain rauf und runter. Sie hatten ein neues Spiel erfunden, Fragen fragen. Abwechselnd. Möglichst unangenehme. Das war ganz gut. Irgendwo zwischen Partyspiel und Psychogespräch. Da konnte er mal Dinge auf den Tisch bringen. Warum hast du nicht einfach einen deiner vorigen Liebhaber behalten? Wenn du mich jeden Tag anrufst, warum tust du das? Findest du mich eigentlich langweilig?

Sie beendeten das Spiel in irgendeiner Kneipe in einer Seitenstraße. Er fragte: Gibt es eine Chance, dass ich in zwanzig Jahren noch in deinem Leben bin?

Er hielt das für eine einfache Nummer. Chance, das kann man ja immer sagen. Das gebietet ja die Logik, dass es eine Chance gibt, wie klein auch immer.

Nuna lachte. So wie ich bin? Sagte sie nur. Da hatte er seine Antwort. Nuna sah ihn an mit ihren freundlichen braunen Augen.

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