#lettretalks: AFRICAN BOOK FESTIVAL – Interview mit Stefanie Hirsbrunner

In knapp 2,5 Wochen ist es soweit: Vom 28. bis 30. Juni findet das African Book Festival in der Alten Münze (Molkenmarkt 2, 10179 Berlin) statt – dieses Jahr als Queer Edition, also mit Fokus auf afrikanische und afrodiasporische Autor:innen aus der LGBTQI+-Community und auf Literatur, in der Homosexualität und Queerness in Afrika eine Rolle spielen.

Wir haben mit Stefanie Hirsbrunner, die das Festival gemeinsam mit Karla Kutzner gegründet hat und leitet, über die thematische Ausrichtung des African Book Festivals, die Auswahl der eingeladenen Autor:innen und darüber, welche Momente der letzten sechs Jahre besonders in Erinnerung geblieben sind, gesprochen.

Seit mittlerweile sechs Jahren veranstalten Stefanie Hirsbrunner und Karla Kutzner unter dem Dach des Vereins InterKontinental,➚ der afrikanische und afrodiasporische Literatur sowie Autor:innen aus afrikanischen Ländern fördert, das African Book Festival in Berlin.

Vom 28. bis 30. Juni bekommt das Publikum im Rahmen eines dreitägigen Festivalprogramms, bestehend aus interaktiven Lesungen, Diskussionen, Musik und Poetry-Performances, die Gelegenheit, Autor:innen und weitere Künstler:innen live zu erleben und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Begleitet wird das Programm von einem großen Outdoormarkt, auf dem verschiedene Speisen, Waren und natürlich jede Menge Bücher angeboten werden.

Gab es einen Anlass zur Gründung des African Book Festivals?

Das Festival besteht jetzt seit 2018 und ist aus reinem Interesse an den vielen exzellenten und spannenden Büchern vom afrikanischen Kontinent entstanden. Afrika ist ein riesiger Kontinent mit unglaublich vielen unterschiedlichen Literaturen, Erzähltraditionen, Sprachen, die hier in Deutschland nur sehr vereinzelt übersetzt oder präsentiert werden. Das Festival schlägt da eine Brücke, indem es afrikanische Perspektiven ins Zentrum stellt, eine Region oder ein Thema fokussiert und afrikanische Schriftsteller und Schriftstellerinnen einlädt, das Programm➚ zu gestalten.

Warum gibt es das African Book Festival dieses Jahr als „Queer Edition“?

Queere afrikanische Autor:innen finden sich häufig in einer doppelt marginalisierten Position wieder. Zwar sind die Grundrechte queerer Menschen beispielsweise in der Verfassung Südafrikas verankert, laut Amnesty International wird die Lage für homosexuelle und genderqueere Menschen in zahlreichen anderen afrikanischen Ländern jedoch zunehmend gefährlicher. Jüngst wurde in Uganda ein Gesetz verabschiedet, das unter anderem die Todesstrafe für so genannte „schwerwiegende Homosexualität“ und Gefängnisstrafen für die Unterstützung von queeren Menschen vorsieht. Auch in Ghana könnte das im Februar verabschiedete neue Gesetz gegen gleichgeschlechtliche Liebe genderqueere Menschen sowie Aktivismus für deren Rechte unter harte Gefängnisstrafen stellen. Die Diskriminierung von LGBTQI+-Personen ist jedoch keineswegs ein afrikanisches Phänomen. Diskriminierende Gesetze sind in der Regel auf Gesetze aus der Kolonialzeit zurückzuführen, und auch in den USA und Deutschland werden die hart erkämpften Freiheiten queerer Menschen zunehmend erneut in Frage gestellt. 
Aus diesem Grund gibt es beim African Book Festival in diesem Jahr Geschichten aus verschiedenen Genres (Thriller, Liebesromane, Lyrik und Spoken Word, Body Horror, Memoir) zu entdecken, jede Menge kritische Auseinandersetzung mit Geschlechternormen und Heteronormativität sowie Begegnungen mit weniger binären Vorstellungen von Geschlecht in präkolonialen afrikanischen Gesellschaften, in denen sich einige der Autor:innen verorten.

Wonach sucht ihr in den Autor:innen, die ihr einladet?

In erster Linie stehen neu erschienene Bücher im Vordergrund. Daraus leiten sich u.a. Themen ab, die sich dann in den Inhalten des Festivals widerspiegeln. Das Festival legt Wert auf moderne, interaktive Eventformate, die Spaß machen und die Autor:innen ins Zentrum stellen. Viele unserer Gastautor:innen aus afrikanischen Ländern müssen, um am Festival teilnehmen zu können, aber bei den Deutschen Botschaften ein Visum beantragen. Dieser Aufwand steht eigentlich in keinem Verhältnis zu einem dreitägigen Aufenthalt und wir sind immer sehr dankbar, wenn die eingeladenen Gäste trotzdem einwilligen. Immer wieder erleben wir leider auch Rassismus und Schikane innerhalb des Visums-Prozesses, der manches Mal dazu führt, dass selbst preisgekrönte, berühmte Künstler:innen leider nicht zum Festival anreisen können, obwohl sie gerne würden.

Welcher Moment hat Euch in den letzten sechs Jahren des Festivals besonders bewegt?

Das Festival genießt international inzwischen einen sehr guten Ruf. Ganz besonders freuen wir uns immer über Buchclubs, die beispielsweise extra aus Südafrika oder aus dem Senegal nach Berlin anreisen, um das Festival zu besuchen. Überhaupt reisen Besucher:innen aus ganz Europa nach Berlin, um teilzunehmen. Auch unter der großen Anzahl an Volunteers sind eine ganze Reihe an Personen, die von Anfang an dabei waren und jedes Jahr wiederkommen, um das Festival auf die Beine zu stellen. Da ist über die Jahre eine kleine African Book Familie herangewachsen und die Freude der Besucher:innen ist besonders groß, wenn Gäst:innen wie Ben Okri, Bernardine Evaristo, JJ Bola, Francesca Ekwuyasi oder Leila Abouleila➚ beim Festival auftreten.