„Im besten Fall entsteht ein Flow jenseits der Sparten und Schubladen“ – Interview mit Annette Pehnt

(c) Peter von Felbert

Unter dem sprechenden Titel TEXTONIC experimentieren Annette Pehnt und das Trio Kimmig-Studer-Zimmerlin am 4. März gemeinsam auf der Bühne der Lettrétage. Auf performative Art und Weise suchen die Autorin und die Musiker neue Wege der spartenübergreifenden Zusammenarbeit auszuloten. Über die Hintergründe und Ziele dieser bewusst improvisierenden Interaktion hat Annette Pehnt im Vorfeld mit uns gesprochen. Dafür möchten wir uns an dieser Stelle herzlich bedanken!

Lettrétage: Sie treten bei uns in der Lettrétage gemeinsam mit dem Trio Kimmig-Studer-Zimmerlin auf. Wann kam es zur Zusammenarbeit? Und wie hat sich die Idee zu einer gemeinsamen Performance entwickelt?

Annette Pehnt: Mit dem Geiger und Komponisten Harald Kimmig habe ich schon öfter Formen des gemeinsamen Improvisierens ausprobiert, auch auf der Bühne. Nun hat mich das Trio eingeladen, kollektiv mit neuen Möglichkeiten der Text-Musik-Verschränkung zu experimentieren – was mich sehr freut!

L: Welche Bedeutung kann in Ihren Augen bzw. Ohren Musik für die Produktion von Texten entfalten?

AP: Üblicherweise illustriert die Musik einen Text, oder man schmückt Lesungen mit musikalischer Pausenmusik. Hier geht es aber darum, sich radikaler aufeinander einzulassen. Musik hat ganz andere Möglichkeiten, mit Zeit, Raum, Stimmungen, Rhythmen umzugehen als die Literatur. Wenn wir uns auf einen gemeinsamen Prozess einlassen, werden wir alle zu Autor°innen des Augenblicks, jede°r mit den eigenen künstlerischen Sprachen. Im besten Fall entsteht ein Flow jenseits der Sparten und Schubladen.

L: Lassen Sie uns einen kleinen Blick hinter die Kulissen werfen. Wie sehen die Vorbereitungen für eine Veranstaltung aus, die laut Ankündigung „improvisierend“ verfährt und einem „Experiment“ gleichkommt?

AP: Wir haben eine intensive Probenphase hinter uns. Aber es gibt ja nichts Fertiges, das eingeübt werden könnte. Stattdessen sind wir uns immer wieder in der Improvisation begegnet (für eine Schriftstellerin ist das eine große Herausforderung), haben uns im Hinhören und in der Wahrnehmung geübt und auch sehr viel grundsätzlich über unsere Konstellation nachgedacht. Was tun wir eigentlich, wenn wir schreiben, spielen, im Raum sind?

L: Welche Rolle spielt dabei aus Ihrer Sicht das Publikum? Inwiefern beeinflusst es das Zusammenspiel auf der Bühne und das im Anschluss an die Performance stattfindende Werkstattgespräch?

AP: Das Publikum ist der fünfte Partner in der Kollaboration. In den Ohren, den Körpern, den Gehirnen der Zuhörer°innen treffen sich die Klänge und die Worte und lassen Bilder und Reaktionen entstehen – und die stehen ebenso im Raum wie das, was wir produzieren. Was genau beim Publikum passiert, müssen wir allerdings erst herauskriegen – darum wollen wir ja unbedingt hinterher ins Gespräch kommen.

L: Zum Abschluss noch ein Blick in die Zukunft: Sie suchen immer wieder die künstlerische Zusammenarbeit über die Sparten hinweg. Auf welche Projekte darf man in nächster Zeit gespannt sein?

AP: „Textonic“ ist noch lange nicht durch. Wir wollen das, was wir hier angefangen haben, weiterentwickeln. Sowieso interessiere ich mich für kollektives Arbeiten, auch unter Schreibenden. In diese Richtung möchte ich weiterdenken – weg von der solitären Autor°innenschaft, vom vereinzelten Schreiben, hin zum offenen Schreiben in Nachbarschaftszonen.

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