Florian Neuner im Gespräch über das Projekt „Autorenmusik II“

Das Projekt „Autorenmusik“ geht in die zweite Runde: am 10. November mit der Uraufführung in der Lettrétage. Das Sprachkunst-Trio sprechbohrer (Sigrid Sachse, Harald Muenz und Georg Sachse) wird neue Stücke performen, die eigens für das Projekt geschrieben wurden – zwischen Lautpoesie und Sprachmusik, Performance und kompositorischer Erforschung der Sprechwerkzeuge. Florian Neuner, Schriftsteller und Kurator dieses Projekts, hat uns im Vorfeld ein paar Fragen beantwortet.

Am 10. November ist das sprechbohrer-Trio für eine „phonetisch-musikalische Performance“ in der Lettrétage zu Gast. Was dürfen die Besucher*innen dort konkret erwarten?

Die sprechbohrer widmen sich seit ihrer Gründung einem Repertoire, das – um mit Hans G Helms zu sprechen – im „zwischenreich von sprache und musik“ angesiedelt ist. Musik wird sozusagen als Sprache genommen – und umgekehrt. Das ist ein durchaus weites Feld: Es gibt Stücke, die an Lautpoesie erinnern, solche, die sich mit der Erforschung der Sprechwerkzeuge beschäftigen, andere wieder haben performativen Charakter. In einigen Arbeiten spielt Wortsemantik eine größere Rolle, andere zerlegen die Sprache in Laute. Im Rahmen des Projekts Repertoireerweiterung haben jetzt Komponisten und Schriftsteller neue Stücke geschaffen.

Wie sind die Stücke für die „Autorenmusik“ entstanden bzw. wie habt ihr sie ausgewählt?

Wir sind auf Komponisten zugegangen, in deren Arbeit die Beschäftigung mit Sprache jenseits von konventioneller, sogenannter Vokalmusik eine erkennbare Rolle spielt, und auf Autoren, die uns durch ihre Affinität zu neuer Musik aufgefallen sind. Die gibt es durchaus, auch wenn für die Mehrheit Musik eher gleichbedeutend mit Pop ist – Songtitel sind in der Literatur solcher Leute dann Chiffren für Generationserfahrungen oder Szene-Zugehörigkeit. Wir haben aber Autoren gesucht, die daran interessiert sind, mit dem klingenden Material der Sprache zu arbeiten. Wir haben also Komponisten und Autoren den Auftrag erteilt, neue Stücke für die sprechbohrer zu schreiben – wobei für letztere die Herausforderung darin bestand, nicht einfach Texte abzuliefern, sondern die Dreistimmigkeit zu bedenken und auch zu notieren.

Viele der Stücke arbeiten mit bereits vorhandenem Material – Videoaufnahmen aus der Kindheit, Zitate oder Auszüge aus Lexika. Steht ein bestimmtes Konzept dahinter?

Jeder und jede hatte bei diesem Kompositionsauftrag die volle Freiheit. Es war halt die Besetzung – Frauenstimme, hohe und tiefe Männerstimme – zu berücksichtigen und der technische Aufwand, was Zuspielungen und dgl. betrifft, in einem vertretbaren Rahmen zu halten. Insofern steht hinter jedem Stück ein ganz spezifisches Konzept. Eine übergeordnete Konzeption, die den Teilnehmern nahegelegt hätte, mit Fremdmaterial und Medien zu arbeiten, gab es nicht, und das trifft ja auch nicht auf alle Stücke zu.

Worauf freust du dich besonders am 10. November?

Ein einzelnes Stück möchte ich nicht hervorheben. Ich denke aber, dass wir – wie schon bei der „Autorenmusik I“ vor einem Jahr in Linz – ein äußerst abwechslungsreiches und vielgestaltiges Programm präsentieren können. Man wird mir aber nachsehen, dass ich mich besonders darauf freue, mein eigenes Stück erklingen zu hören.

© Jörg Gruneberg
Florian Neuner lebt als Schriftsteller und Publizist in Berlin und gibt gemeinsam mit Ralph Klever die Zeitschrift Idiome Hefte für Neue Prosa heraus. Er betreibt psychogeographische Forschungen u. a. im Ruhrgebiet und kooperiert mit Komponisten wie Christoph Herndler und Harald Muenz.