Die Lettrétage im Oktober

Apokalypsen, digitale Welten, tschechische Realitäten, Füchse und Fische und noch viel mehr – wir starten in den literarischen Herbst am Mehringdamm, bringen Literaturszenen zusammen und stellen unsere Räume auch weiterhin spannenden Veranstaltungskonzepten zur Verfügung. Es wird ein ganz schön voller Monat werden – soviel ist sicher.

Foto: Mirko Lux

Wir starten mit Christine Pfammatter, die einen neuen Erzählband bei uns vorstellt: Die Ersten und die Letzten versammelt Miniaturen, Briefe, philosophische Reflexionen und längere Erzählungen, scheut Experiment und Fragment ebenso wenig wie die großen Fragen: „Wohin führt unsere sziento-technologische Kultur? Wie sprechen Menschen miteinander? Was heißt ‚Duende‘?“ Ja, das würden wir auch gerne wissen.

Ein paar der Fragen jedenfalls greift die nächste Veranstaltung mit auf. The Word Electric #1 ist der erste Termin einer neuen Lesereihe für digitale Literatur. Oder wie es in der Ankündigung heißt: „Die Welt ist digital, die Literatur kann es noch werden.“ Kathrin Passig, Esther Seyffarth und Jörg Piringer lesen. Danach gibt es auf dem „Open Projector“ die Möglichkeit, eigene Digitalproduktionen vorzustellen.

Nach diesem Ausflug ins Digitale geht es zurück zur Natur – oder vielmehr: zum Mensch-Natur-Verhältnis. Fuchsgesichter heißt der erste Salonabend mit Text und Klavier, den Bernd Lüttgerding, Isobel Markus und Amine Mesnaoui zusammen begehen. Und dass es mit Mensch und Natur auch nicht so einfach ist, lässt die Ankündigung erahnen: „Verzogenes Schoßhündchen, duldsames Nutztier, bester Freund des Menschen, wilde Bestie: Im Verhältnis von Menschen und Tieren wird das Tier zum Spiegel des Menschen. So auch beim Fuchs, der sich als eigenwilliger, vielschichtiger, zuweilen verschlagener aber stets autonomer Gegenspieler dem totalen Zugriff zu entziehen weiß –  aber mit seiner ihm eigenen Schönheit in die Welt des Menschen hineinragt.“

Fast schon Tradition ist dann die „Federlesung“, also die Präsentation der Anthologie, in welcher die Texte der Teilnehmer*innen der Schreibwerkstatt der Jürgen Ponto-Stiftung versammelt werden. Auch dieses Jahr wieder in der Lettrétage: Acht junge Autor*innen geben Einblicke in aktuelle Romanprojekte.

Ebenso gern gesehen am Mehringdamm ist der Berlin Writers‘ Workshop, der zum nächsten Workshop-Reading einlädt. Am 10. Oktober präsentieren Teilnehmer*innen der Schreibwerkstätten Fiction, non-fiction und poetry. Wir freuen uns auf einen Abend mit der englischsprachigen Schreib-Community Berlins, wie immer moderiert von Rebecca Rukeyser.

Und danach steht vom 11. bis 13. Oktober ein von uns mitkuratiertes Projekt an, auf das wir uns schon lange freuen: Reality Czech bringt die Prager und Berliner Literaturszenen zusammen – für Lesungen, Vorträge und Open Talks rund um Fragen wie: Wo stehen die Prager und die Berliner Literaturszene derzeit? Wie organisieren sich Autor*innen und Übersetzer*innen untereinander, national und international? Welche neuen Wege der Literaturvermittlung- und Verbreitung gibt es oder werden aktuell erprobt? Kann Literatur die Reflexion auf die gesellschaftlichen Verhältnisse leisten? Wie „Indie“ ist geförderte Kunst? Welche politischen Mittel stehen den freien Literaturszenen beider Städte zur Verfügung?

Mit dabei sind Adam Borzič, Christian Filips, Paula Fürstenberg, Sandra Gugic, Petra Hůlová, Simone Kornappel, Bert Papenfuß, Eva Profousová, Jan Škrob, Tereza Semotamová, Luboš Svoboda und Jáchym Topol. Wir freuen uns auf ein ganzes Wochenende mit spannenden Texten und Diskussionen.

Nach Tschechien ist wieder Griechenland an der Reihe: Wir freuen uns auf den zweiten Termin von Greek Writers@Berlin, mit dem auch die schöne Zusammenarbeit mit Diablog Vision e.V. fortgeführt wird, dem Verein für deutsch-griechische Begegnungen in der Literatur.

Politisch wird es sicherlich schon bei den beiden davorigen Veranstaltungen – die nächste jedoch trägt ihren Anspruch im Titel: Der Polly Preis für politische Lyrik wird am 19. Oktober in der Lettrétage verliehen. 15 Autor*innen wurden für die „Endrunde“ ausgewählt und lesen an diesem Abend ihre dazu verfassten Texte oder lassen sie verlesen. Anschließend wählt das Publikum die drei Preisträger*innen.

Danach begrüßen wir das Poetry Project in unseren Räumen: ein lyrisches Dialogprojekt für Jugendliche mit und ohne Flucht- oder Migrationshintergrund. Bei „Meine Heimat habe ich verlassen, mein Herz“ begegnen allein nach Europa geflüchtete Kinder und Jugendliche hier Aufgewachsenen im lyrischen Dialog. Wir finden: ein wichtiges Projekt des Austauschs und der Auseinandersetzung und freuen uns auf den Abend.

Bei „Ruinöse Apokalypse“ wird es spekulativ: Cyrill Lachauer, Moritz Stumm, Leszek Stalewski, Bettina Niederhauser und Johannes Niederhauser nähern sich dem Thema Weltuntergang von theoretischer, philosophischer und literarischer Seite: Kurzgeschichten, Sound-Lesungen und Vorträge rund um den Tag X, die Rückstände des Turbokapitalismus, das Ende des Leibs und das Apokalyptische als ekstatische Öffnung der Zeit.

Einen Tag später, am 28. Oktober, beginnt dann unter dem Titel „Mehrsprachig Ringen“ ein zweitägiges Treffen von Autor*innen und Übersetzer*innen mit Diskussionen und szenischen Lesungen. Der Ausgangspunkt ist eine Zeitdiagnose: „Die Mehrsprachigkeit ist eine immanente Notwendigkeit der Literatur von heute. Die mehrdimensionalen Herausforderungen unserer Zeit rufen eine grundlegende Veränderung im Verständnis der Rolle eines literarischen Textes und seiner Ästhetik hervor.“ Die Teilnehmer*innen kommen aus Bulgarien, Deutschland, Österreich, der Niederlande, Norwegen, Rumänien, Sami, Slowakei, der Tschechischen Republik, Ungarn und den USA.

And last but definitely not least dürfen wir pünktlich zu Halloween unsere Buddies von Literally speaking wieder begrüßen, die einen literarischen Themenabend zum Thema „Monsters“ veranstalten. Sounds good!

Ganz schön voll, der Oktober! Wir sagen es an dieser Stelle gern noch einmal: So bunt wird das Lettrétage-Programm nur dank Impulsen, die direkt aus der Szene kommen. Als Ankerinstitution für die freie Literaturszene stehen wir allen (!) Literaturschaffenden mit unserer Infrastruktur zur Seite. Ob Lesung, Workshops, Zeitschriftentreffen, Lektor*innen-Workshop oder ganz was anderes – schreibt uns und wir schauen, dass wir zusammen einen Termin finden.