Die Lettrétage im März

In den kommenden Wochen ist die Lettrétage nicht nur ein Literatur-, sondern auch ein Musikhaus. Neben einem Streichertrio dürfen wir begrüßen: eine mit Loopstation, Harmonizer und Analog-Keyboard ausgerüstete Jazz-Sängerin, eine sowohl rappende als auch opernsingende Kunstfigur, die Klavier und Gitarre beherrscht, sowie die eine oder andere musikalische Perfomance im Rahmen eines Varietés. Darüber hinaus natürlich Texte, Gedichte und Romane.

Den Auftakt macht die Veranstaltung TEXTONIC am 4. März. Die Autorin Annette Pehnt und das Streichtrio Kimmig-Studer-Zimmerlin loten in einem gemeinsamen Experiment die Verbindungen zwischen Musik und Literatur aus. Die von Improvisation geprägte Performance lässt beide Medien durch Raum, Zeit, Klang und Semantik aufeinander wirken: ein Produktionsprozess mit offenem Ausgang, über den Annette Pehnt mit uns im Vorfeld in einem Interview gesprochen hat. In einem anschließenden Werkstattgespräch ist das Publikum dazu eingeladen, seine Eindrücke einzubringen.

Am 8. März geht es um Ella und René,  ein junges Paar aus Ostdeutschland, das kurz nach dem Fall der Mauer seinen ersten gemeinsamen Urlaub in Südfrankreich verbringt. Für beide eröffnet sich eine neue Welt. Ihre Reise führt sie auf das heruntergekommene Weinschloss der Madame de Violet. Als deren Sohn, ein aalglatter Geschäftsmann auftaucht, stoßen drei Weltanschauungen aufeinander: die des gescheiterten Sozialismus, der für das junge Paar überwältigende Kapitalismus und Vorstellungen von Stolz und Würde eines längst überkommenen Adels. Mario Schneider, der sich als Regisseur u.a. von Mansfeld bereits einen Namen gemacht hat, erzählt in seinem ersten Roman Die Paradiese von gestern von den Verlockungen und Enttäuschungen unserer neuen Zeit

Am 10. März präsentiert Ulrike Damm ihren aktuellen Roman Kulp und warum er zum Fall wurde. Der Protagonist Edgar Kulp findet sich nach einem Autounfall als Blinder wieder und kann nicht fassen, dass sein Leben vollkommen auf dem Kopf gestellt ist – nicht zuletzt durch die Wahrnehmung, aber auch die Sprache und die Bedeutung, die neben den Worten liegt. Kulp lernt dabei sprachliche Grenzen, Täuschungen und das Scheitern kennen. Doch das Scheitern ist immer nur eine Seite der Medaille. Auf der anderen schenkt es einem auch das Glück. Bei der Lesung wird zudem Sabine Herpichs Kurzdokumentarfilm „962 Meter – eine Textskulptur von Ulrike Damm“ zu sehen sein, der einen Einblick in das künstlerische Schaffen der Autorin gibt.

Es folgt am 11. März ein Abend mit Isobel Markus und Nathalie Claude, die eine Berliner Salonière und versierte Beobachterin des Großstadtlebens, die andere ausgebildete Jazz-Sängerin und Song-Kulissen-Konstrukteurin. Mit Berlin – Bern. Miniaturen-Lesung und Musik stiften sie einen künstlerischen Dialog zwischen den beiden Hauptstädten, erkunden deren Eigenheiten und Gemeinsamkeiten. Sie erzählen von Großstadtschluchten und hohen Bergen, von Mittelstreifenbegrünung und dichten Tannenwäldern, von der Spree und von der Aare.

Mal mit Klavier, mal mit klassischer oder E-Gitarre singt Ted Brasko am 12. März Oper, Lieder oder macht Rap. Seine gleichnamige TED BRASKO SHOW handelt vom Abenteurer, Kapitän und Künstler Ted Brasko, einem fiktiven Charakter und doch gleichzeitig sehr real. Er behauptet, alles zu sein und annährend eine Gesamtheit der menschlichen Erfahrung zu spiegeln. Einen kleinen Vorgeschmack auf dieses One-Person-Musiktheater gefällig?

Am 15. März stellt Armin Fuhrer mit seiner Biografie Emil Ludwig. Verehrt, Verfemt, Verbrannt den jüdischen Schriftsteller Emil Ludwig (1881-1948) vor, der heute zu Unrecht weitestgehend vergessen ist. Neben Dramen und Erzählungen spezialisierte sich Ludwig auf Biografien historischer und zeitgenössischer Persönlichkeiten und erlangte mit seinen Werken weltweite Bekanntheit. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme floh er ins Exil, seine Bücher wurden verbrannt. Als Kämpfer gegen den Nationalsozialismus ist er ein Beispiel dafür, welche Folgen es haben kann, wenn diejenigen, die Angriffen auf die Demokratie die Stirn bieten, im Stich gelassen werden, sobald der Wind schärfer von rechts weht.

Einen Tag später folgt die vielsprachige Lesebühne Die Unsichtbare Stadt 2 vom Kollektiv WIESE. Am 16. März präsentieren Orsolya Kalász und Christian Filips neue Gedichte sowie „Mein Hirn: ein See“, ihre Neuübersetzung der ungarischen Dichterin Ágnes Nemes Nagy. Sandra Burkhardt liest aus neueren Texten, die demnächst bei Kookbooks erscheinen werden. Dilek Mayatürk stellt Gedichte aus ihrem Band „Brache“ (Hanser) und neue Arbeiten vor. Fortgesetzt wird auch die Arbeit am Al-Khatib-Glossar, mit noch geheimen Gästen.

Der 25. März steht ganz im Zeichen einer Varieté-Show mit mediterranem Flair! Bei Poetic Hafla #26¾ bekommt man von Perfomance über Spoken Word und Tanz bis hin zum Schauspiel das volle Programm der künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten. Das Konzept von Poetic Hafla (arab. für Party) feierte 2015 Premiere und ist seitdem in Berlin fest etabliert. Jede Veranstaltung ist einzigartig und hat ihren eigenen Charakter, je nachdem wer sich und seine Kunst zum Besten gibt.

Den Abschluss macht Madeleine Bantleon am 27. März mit ihrem Debütroman MADDELÄNE: Eine Schwarz-weiße Liebe in Deutschland 2020. 13 Geschichten über eine Familie zwischen Afrika und Europa – die Straße von Gibraltar führt durchs Wohnzimmer. Maddeläne heißt eigentlich Madeleine und mit Nachnamen Ndongo-Schulze. Ihr Mann ist Afrikaner und beide leben mit ihren Kindern Marie und Iba in einem Berliner Mietshaus. In den Geschichten kommt vieles zu Sprache, von hautfarbenen Buntstiften und karierten Kindern, von Liebe und Geborgenheit bis hin zu Sorgen – der alltägliche Spagat einer Familie. In den 13 Geschichten schildert Madeleine ihre Gefühle, die Sorgen um Ihren Mann und Ihrer Kinder, um offenen und versteckten Rassismus – auch ihren eigenen. Sie spricht über ihre Ängste vor einem wiederaufkeimenden Fremdenhass und Rechtspopulismus.

Auf bald in der Lettrétage!

Das Programm der Lettrétage lebt von der freien Literaturszene Berlins. Wenn Sie Ideen für eine Veranstaltung in der Lettrétage haben oder als Literatur-Aktivist*in kostenfrei unsere Räume nutzen wollen, dann kontaktieren Sie uns. Als Ankerinstitution für die freie Literaturszene stehen wir Ihnen mit unserer Infrastruktur gerne zur Seite.

Bitte beachten Sie: Damit Sie Literatur weiterhin live erleben können, finden alle Veranstaltungen unter Beachtung der aktuellen Hygienemaßnahmen statt. Für alle Veranstaltungen in der Lettrétage gilt 3G. Besucher*innen der Lettrétage müssen nachweislich geimpft, genesen oder getestest sein; das gilt für sämtliche Veranstaltungen unabhängig der Größe. Außerdem müssen sie durchgehend in allen Räumlichkeiten der Lettrétage eine FFP2-Maske tragen.