Die Lettrétage im Juli

© Natalia Reich

Sich anstoßen an Dingen, sich hingezogen fühlen zu jemandem, etwas als abstoßend empfinden. Sich verhalten zu Menschen, zu Sprache, zur Stadt – im Juli wird es in der Lettrétage um Beziehungen gehen: Es wird sich auf eine Rückkehr zur Herkunftsfamilie begeben und die Suche nach einer neuen Wahlfamilie begonnen. Es wird sich ins Verhältnis zur Stadt gesetzt, die eigenen Hassliebe zu Tourist:innen vertextet und es wird um den Bezug zu sich selbst und zur Einsamkeit gehen, verknüpft mit dem dringenden Versuch Verbindungen einzugehen.

Eröffnet wird der Juli am Mittwoch, den 03.07., um 20.00 Uhr➚ mit der Buchpremiere von Hubertus von Prittwitz Roman »Skarabäus« (Europaverlag➚). In dem Debüt geht es um eine dysfunktionale, uralte Adelsfamilie. Der rasante erzählte Roman skizziert die Geschichte eines Überlebenden, die Geschichte eines Jungen auf der Flucht:
Die Wahrheit ist die beste Lüge. Das lernt der achtjährige Friedrich von seinem Vater. Im Gerichtssaal sieht er seine Schwester das letzte Mal. Sein Vater, ein Spion des BND, trennt ihn für immer von seiner Mutter und seiner Unschuld. Gefangen im goldenen Käfig, dem „Dorf der Spione“ bei München, gelingt nach mehreren gescheiterten Versuchen die Flucht über Indien, Kairo und den Sudan in das Strafgefangenenlager des Menschenfressers.
Die Veranstaltung findet im ACUD Club statt und der Eintritt ist frei.

Am Freitag, den 05. Juli, um 19.30 Uhr➚ folgt gleich die nächste Buchpremiere: Jane Flettstellt ihren neuen Roman »Freakslaw« (Doubledaybooks/ Penguin)➚ vor, eine queere Horrorstory über Wahlfamilie und die Risiken, die eingegangen werden, um die Person zu werden, die man sein möchte:
Zurück in den Sommer ’97. Die schottische Stadt Pitlaw sehnt sich nach Veränderung. Da kommt der Freakslaw in den Ort – ein fahrender Jahrmarkt, bevölkert von Queers, einer Schlangenhexe, der mächtigen Wahrsagerin und anderen Architekt:innen des Chaos. Es dauert nicht lange, bis die Freakslaw-Leute in die graue Welt von Pitlaw eindringen, wo die Teenager der Stadt – vor allem Ruth und Derek – von den Reizen der Neonlichter und der Möglichkeit zur Flucht verführt werden. Doch hinter dem plötzlichen Erscheinen der Neuankömmlinge verbirgt sich ein dunkleres Verlangen: Rache.
Der Abend wird mit einer Lesung von Ambika Thompson eröffnet, bevor Jane Flett ihren Roman präsentiert und anschließend mit Sarah Van Bonn über toxische Männlichkeit und die Bedeutung von queeren Exzessen ins Gespräch kommt. Schließlich wird es ein offenes Publikumsgespräch geben, es können Bücher erworben und signiert werden.

Der Serpent➚ wird sieben Jahre alt und das wird am Samstag, den 06. Juli, um 20.00 Uhr➚ gefeiert. Präsentiert wird dabei die sechzehnte Ausgabe (Frühjahr 2024) des Magazins und geträumt wird weiterhin von Dolce&Gabbana-Küchenmaschinen und ausladenden Lofts. Den Serpent interessieren die Vergessenen, er druckt Rezensionen von Nicht-Bestsellern. Gehofft wird insgeheim, einen Verkaufsschlager zu landen. Das Magazin gibt Texte heraus, gegen die Dummheit in der Welt, die einen von allen Seiten anblökt.
Es lesen: Ariane Hassan Pour Razavi, Arthur Glaubig, Clemens Schittko, Ezra Zed, Fatima Djamila. Moderieren wird Teresa Metzinger und der Eintritt ist frei.

Wie verändert sich die Beziehung zu sich selbst in der Großstadt? Am Mittwoch, den 10. Juli, um 19.00 Uhr➚ lesen die aktuellen Stadtschreiberinnen Eliana Wojtal und Maria Păcurariu des Programms Berlin Stories➚ Kurztexte über Berlin, über das Leben und über das Leben in Berlin.
In der zweiten Hälfte des Abends präsentiert sich die Schreibgruppe TextTransit➚. Das interkulturelle Projekt ist mehrsprachig angelegt und bringt Texte ganz unterschiedlicher Gattungen und Kategorien auf die Bühne. Dieses Semester wird die Gruppe von der Berliner Autorin Dilek Güngör➚ geleitet.
In beiden Slots präsentieren Berliner Studierende unterschiedlichster Hochschulen und Fachrichtungen ihre Texte. Moderieren werden Theresa Brehm und Dilek Güngör. Der Eintritt ist frei.

Am 11. Juli um 20.00 Uhr➚ wird in der Lettrétage gedatet und geschimpft. In einer Doppellesung präsentieren Isobel Markus und Björn Kuhligk ihre aktuellen Werke.
Isobel Markus➚ stellt ihren »Dating-Roman« (Mikrotext)➚ vor, in dem sie Einblicke in die emotionalen Höhen und Tiefen des Datings, die Suche nach dem Anderen und dem Ich gibt und die Kluft zwischen Digitalität und realer Welt aufspannt, die bizarrer, aber auch menschlicher nicht sein könnte. Anschließend liest Björn Kuhligk➚ aus seinem Roman »Berlin-Beschimpfung« (Favoritenpresse)➚, der seine Zuneigung zur Hässlichkeit, sein Hadern mit der Kaputtheit der Stadt, die Hassliebe zu den unzähligen Tourist:innen und die Abneigung gegen immer neue Mallsgekonnt in Worte fasst.

Erneut lädt die Veranstaltungsreihe Poetic Hafla➚ zu einer Varietéshow mit mediterranem Flair! Am 12. Juli um 20.30 Uhr➚ präsentieren zehn Künstler:innen Spoken-Word-Performances, Tänze und Schauspielkünste.
Die Reihe der Poetic Hafla (arab. für Party) wurde 2015 ins Leben gerufen und ist in Berlin eine bekannte Plattform für Kreative aus der MENA-Region geworden. Das Format liegt irgendwo zwischen Performance und Party, jede Veranstaltung hat ihren eigenen Charakter, je nachdem, wer sich und seine Arbeit inszeniert.Durch den Abend führt Barak Moyal➚ und die Veranstaltung findet überwiegend auf Englisch statt.

Am Tag darauf, am Samstag, den 13. Juli, um 20.00 Uhr,➚ stellt der Masterstudiengang »Biografisches und Kreatives Schreiben« der Alice-Salomon-Hochschule (ASH)➚ seine musikalischen Etüdenund literarische Abschlussarbeiten vor. Gemeinsam wird ein Blick hinter das Getriebe geworfen: wer hat welche Idee und wie werden sie literarisch umgesetzt? In demMasterstudiengang werden pädagogisch-didaktische, therapeutisch-beratende sowie literarisch-künstlerische Inhalte zu einem Konglomerat interdisziplinärer und angewandter Wissenschaft vereinigt, die an diesem Abend in der Lettrétage präsentiert werden. Musikalische Livemusik wird es von den Liedermacher:innen Isabell Wiehler und Uwe Friede der Band »SiU«➚ geben.

Kurz vor der Sommerpause, am Dienstag, den 16. Juli, um 19.30 Uhr➚ lädt das TraLaLit-Magazin➚ zu einer öffentlichen Leserundemit der Übersetzerin Stefanie Ochelzu dem von ihr übersetzten Roman von Angelo Tijssens, »An Rändern« (Rohwolt, 2024),➚ zu sprechen. In dem Roman stehen die Beziehung zur Herkunftsfamilie, zur Gesellschaft und die Notwendigkeit zur Selbstermächtigung im Mittelpunkt: Wie überlebt man größte Einsamkeit und tiefsten Schmerz? Wie wird aus erfahrener Ablehnung mutige Selbstbehauptung? Ein junger Mann kehrt in seine Heimat an die Küste Flanderns zurück und wird dort mit seiner Vergangenheit konfrontiert – der Misshandlung durch die Mutter und der Entdeckung seiner Homosexualität in einer Welt, in der es dafür keinen Platz gibt.
Für diesen Abend sind alle eingeladen, das Buch zu lesen und in die Lettrétage zu kommen, um gemeinsam mit Stefanie Ochel über Leseeindrücke und Lektüreerfahrungen zu diskutieren! Moderiert wird der Abend von Lisa Mensing, der Eintritt ist frei.

Wir freuen uns auf diese beziehungsreichen Veranstaltungen im Juli! Danach werden wir die Lettrétage ein wenig zur Ruhe kommen lassen, ehe es im September mit einem gut gefüllten Programm in den literarischen Herbst geht.