Die Lettrétage im Juli

36 Grad hin oder her, in der Lettrétage gibt es auch im Sommer kein Hitzefrei. Stattdessen springen wir mit einem schwungvollen Köpper ins Juli-Programm. Diesen Monat tauchen wir ein in Erstlingswerke und unveröffentlichte Texte junger Autor*innen und lassen uns durch zahlreiche Veranstaltungen zum Thema Übersetzung treiben. Mit bunten Performances von Soul and the City und Poetic Hafla kommt dabei auch das sommerliche Party-Feeling nicht zu kurz. Und wer bei diesen Temperaturen dann doch mal ins Schwitzen gerät, kriegt einen eiskalten Drink an unserer Bar serviert.

Los geht’s mit der Veranstaltungsreihe ZWISCHEN DNIPRO UND KRYM . Nach einem ersten Stopp in Leipzig sind die ukrainische Autorin Svetlana Lavochkina und ihre Übersetzerin Diana Feuerbach am 1. Juli in der Lettrétage zu Gast. In ihrem vom mdr als „beängstigend aktuell“ beschriebenem Buch DIE ROTE HERZOGIN setzt Lavochkina sich mit dem Stalin-Regime auseinander. Angesichts des Krieg in der Ukraine wirken ihre Romane über sowjetischen Terror mittlerweile „weniger exotisch und skurril, jetzt glaubt man ihnen“, wie die Autorin im Interview mit der Lettrétage sagt. Neben Lavochkinas Roman wird auch aus dem Buch HAFT ihres Landsmanns Oleg Senzow gelesen, das ebenfalls kürzlich in Übersetzung bei Voland&Quist erschienen ist.

Weiter geht es am Sonntag mit dem Autor*innenkolleg der Freien Universität, das sich dem Thema ÜBERSCHREIBUNGEN verschrieben hat. Unter Anleitung des Berliner Literaturpreisträgers Thomas Meinecke sind, der Titel sagt es bereits, Palimpseste entstanden, die von den Studierenden am 3. Juli vorgetragen werden. Der Berliner Literaturpreis der Stiftung Preußische Seehandlung ist an eine Berufung auf die Gastprofessur für deutschsprachige Poetik am Peter-Szondi-Institut geknüpft, in deren Rahmen das Kolleg einmal jährlich stattfindet.

Mit einer Reihe von Experimenten begibt sich Maria Leonard auf die Suche nach den Verflechtungen von Live-Practice, Übersetzung und Migration. Für die Veranstaltungsserie IN TANDEM: LIVE LITERATURE hat sie Avrina Jos, Yevgenia Belorusets, Duygu Ağal, Çagla Aribal, Nh Lyonga und Dasom Yang eingeladen, die in Berlin als Künstler- und Übersetzer*innen leben und arbeiten. Gemeinsam wollen sie am 7. Juli in Erfahrung bringen, wie ein Chor migrantischer Stimmen aus der Hauptstadt klingt.

Am 8. Juli steht Slowenien im Rampenlicht, ein Land, „in dem das literarische Leben nicht nur die Kultur, sondern auch die Geschichte […] maßgeblich prägte“, wie die Frankfurter Buchmesse mit Blick auf das Gastland des nächsten Jahres schreibt. In mehreren Workshops des Zentrums für slowenische Literatur ist zwischen 2017-2020 eine dichterische Delegation aus Slowenien mehrmals mit Kolleg*innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammengekommen. Aus den Begegnungen gingen zahlreiche Übersetzungen slowenischer Gedichte hervor, die im Rahmen der Veranstaltung POETISCHE DIALOGE vorgestellt werden.

Tags darauf folgt „endlich, ich, end, endl, ich, endlich“ die erste Buchpremiere des Monats. Alumni des Studiengangs Biographisches und Kreatives Schreiben der Alice-Salomon-Hochschule haben Geschichten verfasst, die unter dem Titel VOM AUFSTEHEN zu einer Anthologie zusammengetragen wurden. Moderiert wird der Abend von Dozent und Herausgeber Guido Rademacher.

Am 10. Juli setzt das Kollektiv Soul and the City seine Reihe LOVE, SWEAT AND LAUGHTER fort, angesichts der Temperaturen wohl mit der Betonung auf dem Mittelteil. Einmal mehr sind wir voll Vorfreude auf einen schillernden Abend mit einigen der coolsten Künstler*innen Berlins. Und wer noch mehr über das Kollektiv herausfinden möchte, findet jede Menge Insights zu Soul and The City in unserem Interview.

Wie ein dramaturgisches Gegengewicht wirkt da die Frage von Lars-Arvid Brischke, mit der er die Richtung am 11. Juli vorgibt: „Kann man eigentlich aus der Welt fallen?“ Zwischen KONTAKTANZEIGEN, SELBSTGESPRÄCHEN UND TOTENTÄNZEN versucht er, dieser Frage auf den Grund zu gehen, und stellt dabei ganz nebenbei seinen neuen Lyrikband vor. Die Sounds des Abends kommen von Tom Bresemann.

„What excactly is sleaze?“, fragt die Times in einer Rezension zu Rebecca Ruckeysers Debüt THE SEAPLANE ON FINAL APPROACH. Eine Frage, die für Mira, die Protagonistin des Romans, zur echten Obsession wird. Falls Sie jetzt auch angefixt sind und Ihnen die deutsche Übersetzung des Wortes (irgendwo zwischen „schmieriger Typ“ und „Korruption“) nicht ausreicht, lohnt es sich, die Buchpremiere zu THE SEAPLANE ON FINAL APPROACH am 12. Juli zu besuchen.

Am 15. Juli wird dann noch ein richtiges Jubiläum gefeiert! Die FZA (Freie Zeit Art) begeht unter dem Motto WORD IN PROGRESS ihr 30-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass lesen die bei edition fza verlegten Autor*innen Stefanie Golisch, Orla Wolf und Olaf Kurtz aus ihren Texten. Mit dabei ist auch die Preisträgerin des Wiener Werkstattpreis 2020, Valeska Brinkmann.

„Künstler aus verschiedenen Ländern in Berlin zusammenbringen“, so beschreibt Barack Moyal seine ursprüngliche Idee zu POETIC HAFLA gegenüber der taz. Und genau das macht er seit mittlerweile fast einem Jahrzehnt. Am 22. Juli laden 10 Künstler*innen gemeinsam mit ihrem Gastgeber wieder ein zu einer Nacht voll vielfältiger Performances und magischer Atmosphäre.

Um die Wassermetaphorik bis auf den letzten Tropfen auszuwringen, kommen wir auf Peter Waterhouse zu sprechen. Der plädiert nämlich dafür, sich beim Übersetzen treiben zu lassen im Fluss der Dinge. Als Teil der Veranstaltungsreihe DIE UNSICHTBARE STADT 5 am 25. Juli spricht er mit der Übersetzerin Eva Profousová über Sprachgemische und die Unmöglichkeit, Dinge zu fixieren. Moderiert und ausgerichtet wird die Veranstaltung durch das Kollektiv Wiese.

Auch der Juli geht irgendwann zu Ende und so freuen wir uns, das Monatsprogramm mit einer weiteren Veranstaltung von Soul and the City abschließen zu dürfen. Bei INCEPTION – WORLDS WITHIN WORLDS werden am 31. Juli die Grenzen der Realität und alles, was hinter ihnen liegt, erkundet. Künstler*innen unterschiedlichster Disziplinen haben mit Rap Poetry über Storytelling bis hin zu surprise acts für jeden Geschmack etwas dabei!