Die Lettrétage im Februar

Keine Spur von Februartristesse: Bei uns warten zwei Premieren neuer Lesebühnenformate, Lyrik in vielerlei Gestalt, nachdenkliche bis glückssuchende Erzählungen, Literaturduelle, Bilder, ein wenig Musik, eine Ausstellungsnachlese und natürlich ein Valentins-Special. 

Los geht es am 2. Februar mit einer neuen, vielsprachigen Lesebühne des Kollektiv WIESE / مرج. Zum Auftakt von DIE UNSICHTBARE STADT  مدينة غير مرئية stellt der jemenitische Dichter Galal Alahmadi Gedichte aus dem im Secession-Verlag erschienenen Band „Die Leere der Vase“ und unveröffentlichte Texte vor. Darüber hinaus lesen Nauras Ali und Wafa Mustafa. Das alles sowohl vor Ort als auch im Stream. Auf der WIESE geht es um Literatur, Poetologie und die Autonomie sprachlicher Schönheit, aber auch um die Ansprüche des sozialen Raums und der Politik. Bei der gemeinsamen Arbeit durchdringen sich ununterscheidbar poetologische wie poetische wie [sprach]politische Überlegungen. Die WIESE ist ein guter Ort zum Deutsch- und Arabischlernen, allerdings nicht mit Lehrbüchern, sondern durch die gemeinsame Lektüre von Gedichten und Kurzgeschichten.

Der 4. Februar steht ganz im Zeichen der lyrischen Vielstimmigkeit. Bei der Lesung „Nach den Diskotheken“ wird die gleichnamige Gruppe von Schreibenden des Deutschen Literaturinstituts ihre aktuellen lyrischen Texte präsentieren. Hierbei geht es nicht immer (wenn auch öfters) schwermütig zu, sondern auch flirrend, sonnig, verstrahlt, ganz nah oder schwebend in Richtung der großen Weite. Dafür sorgen an diesem Abend Anja Engst, Jona Zhitia, Julia Dorsch, Luca Skarupke, Giorgio Ferretti, Jorinde Minna Markert, John Sauter, Alina Sauernheimer, Nina Temann, Theresa Luserke und Ella-Mae Paul. Moderiert wird die Lesung von Martina Hefter.

Am 10. Februar folgt die zweite Premiere eines Lesebühnenformats: „AUS(er)LESEN“, konzipiert und moderiert von Matthias Rische. Dabei wird allerdings nicht nur den Autor*innen und ihren Texten gehuldigt, sondern das Publikum als kritische Jury in das Spektakel mit einbezogen. Es entscheidet, welcher Text prämiert wird. Wer am Ende die Nase vorn hat, erhält einen kleinen Preis, darf noch einen kurzen Text vortragen und beim nächsten Mal erneut dabei sein. So lesen folgende Autor*in an dem Abend um die Wette: Miri Mehrstimmig, Ronja Lobner, Kerstin (Emma) Finkelstein, Heiko Heller, Marcus Jensen. Ein Abend, der Spiel, Spaß und Spannung garantiert.

Am 11. Februar lädt Isobel Markus zur nächsten Ausgabe ihrer „Berliner Salonage“ ein. Getreu deren Selbstverständnisses, sich nicht festlegen zu wollen, sondern verschiedenste Arten und Weisen kreativen Ausdrucks miteinander zu verbinden, versammelt dieser Abend unter dem Motto „Pieces of Berlin“ Texte, Songs und Bilder, die diese Stadt in den Blick nehmen. Frederic Wianka liest Auszüge aus „Ich stelle mir einen Mann vor in Mittleren“ (Manuskript) sowie aus seinem aktuellen Roman „Die Wende im Leben des jungen W.“. Kathrin Bach trägt neueste Gedichte vor und präsentiert ihre im Lockdown entstandenen nächtlichen Collagen. Matthias Hufnagl gibt Hörproben aus seinem aktuellen Programm „Afterglow“: musiknerdige Miniaturen und raue Lyrik, oft mit der nächtlichen Stadt als flirrende Kulisse. Last but not least Florian Reischauer stellt sein Fotografie-Text-Projekt „Pieces of Berlin“ vor. Für die passende Musik trägt die Band Behindertentransport Sorge.

Einen Tag später, am 12. Februar, folgt ein literarisches Duett epischer und lyrischer Texte. Andreas Montags Erzählung „Glückliche Menschen“, die im Februar im Quintus Verlag Berlin veröffentlicht wird, handelt von zwei jungen Leuten aus dem Osten Berlins. Paul, der Musik machen will, arbeitet als Hausmeister. Seine Freundin Linda hat ihr Studium geschmissen, ein Kind bekommen und kellnert wieder. Sie kommen gerade so über die Runden, zumal Pauls Eltern aushelfen können. Nun erleben beide, Linda und Paul, eine magische Nacht: getrennt. Wirklichkeit und Traum berühren sich. Und es geht natürlich um alles. Auch um das Glück. Michael Spyras Gedichtband „Die Berichte des Voyeurs“ vereint 100 Liebesgedichte, die zwischen 2017 und 2021 entstanden sind. In vier Kapiteln geht der Lyriker auf eine so turbulente wie vergnügliche Reise durch die Abgründe, auf die Höhenzüge von Liebe und Lust. Formal streng, sind sie doch gleichzeitig überbordende und durchaus in Alltagssprache immer wieder den Gegenstand der Sehnsucht umkreisende Gebilde, die vom Beobachten einer Sie, eines Er berichten.

Am 13. Februar freut sich Soul and the City, zu einem Valentinstags-Special einladen zu dürfen: „Babylon – The Event of many Tongues and Cultures – A Valentin’s Special Edition„! Jede*r einzelne*r Künstler*in wird mit einem besonderen Überraschungs-Act debütieren, der Gemeinschaft, Vielfalt, (R)Evolution, Transformation und menschliche Schönheit feiert. Dabei geht die Veranstaltung über die Grenzen der künstlerischen Gattungen hinaus und reicht von Rap Poetry und Musik über Comedy und Tanz bis zur Performance und natürlich der Darbietung eigener Texte. Vertreten sind Künstler*innen aus Brasilien, Südafrika, Japan, Neuseeland, Pakistan, Hongkong, Persien, Indien, Australien, Frankreich, Slowenien, Rumänien und den Philippinen.

Im Gespräch mit dem Lyriker und Pianisten Reinhard Nierer stellt der Lyriker, Schriftsteller und Theologe Boris Schapiro am 16. Februar seine zwei jüngsten Gedichtbände vor: „Aufgezeichnete Transzendenz“ und „Die deutschen Rubaiyat“, die beide im Berliner PalmArtPress Verlag erschienen sind. Kurz gefasst, geht es an diesem Abend um das „Hier im Da“. Die Lesung wird außerdem begleitet mit den Tuschearbeiten von Inge Hildebrandt Schmidt.

Am 18. Februar informieren Carlo Feber und Lisa Kuppler über die Schreibausbildung am Nordkolleg. Sie richtet sich an Autoren und Autorinnen, die ihr Buchprojekt entwickeln und auf dem Weg zur Veröffentlichung voranbringen möchten. Ziel der einjährigen Ausbildung ist es, am Ende ein professionelles Exposé und einen umfangreichen Text in den Händen zu halten, der so weit ausgereift ist, dass er sich für die Agentur- oder Verlagsbewerbung als Leseprobe eignet.

Der 23. Februar ist bei uns vom Utopischen geprägt. Der Moderator Arkadi Junold spricht mit Peter Knees, dem Kurator des zweiten Arkadien-Festivals, über Auseinandersetzungen von Kunst und Kultur in der Öffentlichkeit und über die Publikation „Wo bitte geht es nach Arkadien. Interventionen im öffentlichen Raum“. Die Publikation dokumentiert das zweite Arkadien-Festival, das vom Ebersberger Kunstverein ausgerichtet und von Peter Kees kuratiert wurde. Es bot eine Bühne für temporäre Kunstinterventionen und Eingriffe in den öffentlichen Raum zum Thema Arkadien. Arkadien ist dabei als Traum von einer besseren Welt zu verstehen. Es geht dabei um nichts Geringeres als eine Plattform zur Bewältigung gesellschaftlicher Probleme und der Schaffung diesbezüglicher Lösungsstrategien. Die Vorstellung der Publikation des Festivals findet in Anwesenheit einiger beteiligter Künstler*innen statt. Die Texte sind von Peter Kees, Reinhard Knodt, Max Liebmann, Franz J. Schweifer und Harald Neuber.

Das Ende des Monatsprogramms fällt zusammen mit dem Abschluss des jährlichen „British Council Literature Seminar“, das sich diesmal „Contemporary voices from Northern Ireland“ widmet. Zu diesem Anlass heiß es am 26. Februar: „Lifeboat meets Lettrétage for The Sensual City…” Belfasts aufregendstes Verlagshaus stellt dabei Padraig Regans „new pamphlet“ „The Sensual City“ vor. Begleitet wird der Abend mit einer Einführung vom Direktor des Seamus Heaney Centre Glenn Patterson sowie einer Lesung von der in Belfast lebenden Dichterin Bebe Ashley.

Wir freuen uns, mit Ihnen einen literatureichenen Februar erleben zu dürfen. Auf bald in der Lettrétage!

Das Programm der Lettrétage lebt von der freien Literaturszene Berlins. Wenn Sie Ideen für eine Veranstaltung in der Lettrétage haben oder als Literatur-Aktivist*in kostenfrei unsere Räume nutzen wollen, dann kontaktieren Sie uns. Als Ankerinstitution für die freie Literaturszene stehen wir Ihnen mit unserer Infrastruktur gerne zur Seite.

Bitte beachten Sie: Damit Sie Literatur weiterhin live erleben können, finden alle Veranstaltungen unter Beachtung der aktuellen Hygienemaßnahmen statt. Für alle Veranstaltungen in der Lettrétage gilt 2G+. Besucher*innen der Lettrétage müssen nachweislich geimpft und/oder genesen sein; das gilt für sämtliche Veranstaltungen unabhängig der Größe. Außerdem müssen sie durchgehend in allen Räumlichkeiten der Lettrétage einen Mund-Nasen-Schutz tragen.